“Eine Bibliothek ist ein Spiegel der geistigen Welt”
Wie man dem Foto unten entnehmen kann, war ich schon immer ein Buchfreund.
Mein Vater war schon in den 60er-Jahren in einem Buchclub, was damals nicht so häufig vorkam.
Und wenn man dann, so wie ich, noch gelernter Schriftsetzer ist, spielen natürlich Bücher generell ein große Rolle, noch mehr als das Internet.
Wenn man also seit Jahr und Tag liest (ich wüsste kaum eine Ära, in der ich in den letzten 25 Jahren nicht gelesen habe), entwickelt man sich ja auch als wissender Rezipient.
Gute Bücher sind die, die man immer wieder lesen kann.
Es gab sogar Bücher, die mich so begeistert haben, dass ich sie nach der Beendigung sofort wieder von vorne begonnen habe.
Viele Bücher habe ich nach einer gewissen Zeit noch einmal gelesen.
Es kann dann allerdings auch vorkommen, dass einen das Buch nicht mehr so begeistert, wie beim ersten Mal und man fragt sich, wie kommt denn das???
Dann erkennt man, wie man sich in dieser Zeit entwickelt hat und wenn es einen dann wieder begeistern …
…dann ist es das richtige Buch.
Und um so “richtige Bücher” soll es jetzt gehen, nämlich die sogenannten Bücher für die Insel.
Die Anzahl habe ich (erst einmal) auf fünf begrenzt.
*J.W.v.Goethe – “Italienische Reise” (1786–88)
*Friedrich Nietzsche – “Also sprach Zarathustra” (1883)
*Edward Buwer-Lytton – “Rienzi, der letzte der Tribunen” (1835)
*Daphne du Maurier – “Ein Tropfen Zeit” (1969)
*Anne Chaplet – “Die Fotografin” (2002)
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*Johann Wolfgang von Goethe – “Italienische Reise”
Goethe war und ist ja nicht nur der größte deutsche Dichter, war bewandert in Farbenlehre, Botanik und Flora, hat nebenbei Jura studiert und war aktiv in der Politik tätig, sondern er war auch einer der ersten Deutschen, die das damalige noch nicht ergründete “Sehnsuchtsland” Italien in einer 18monatigen Reise durchzog und dann die Reise auch noch schriftlich festhielt.
Goethes “Italienische Reise” ist quasi das Italien-Buch in der Geschichte, wo man als reisefreudiger Italienfreund nicht herum kommt.
Das Standardwerk für alle kommenden Reiseberichte und ‑bücher über Italien.
Seine Reise ging durch ganz Italien beginnend im deutschen Karlsbad bis durch ganz Sizilien und zurück über Mailand und dem Comer See.
Wenn man jetzt schon öfter in Italien war, ist es natürlich interessant, an die Städten zu kommen, wo Goethe war und diese in diesem Buch verewigt hat.
Zum Werk an sich sei zu sagen, dass Goethe seine 18monatige Reise als eine Art “Wiedergeburt” angesehen hat – seine euphorischen Schilderungen aller Kunstdenkmäler, Bauwerke, Kunstwerke und der Landschaft fallen begeistert aus – das Kritische fällt eher unter den Tisch.
Wie mir auffiel, hat Goethe den Fehler (zu mindestens auf der Hinreise) gemacht, einige bedeutende Städte wie Verona, Padua, Venedig, Bologna, Perugia zu schnell zu durchreisen, weil es ihn magnetisch einzig und allein nach Rom zog, dadurch bleiben einzelne (auch bedeutende) Städte mit eher kurzen Aufenthalten auf der Strecke.
Der erste Teil vor dem 1. Rom-Aufenthalt fällt demgemäß vom Umfang her dünner aus, als die beiden Rom-Aufenthalten (inkl. dem Kapitel über den Römischen Karneval).
Trotzdem ist Goethes “Italienische Reise” das Standardwerk und wird es immer bleiben.
Meine Ausgabe (Beck-Verlag München) ist auch noch mit einer größeren Anzahl von Skizzen und Lithografien von Baudenkmäler und Kunstwerken geschmückt, die alles noch ein bisschen anschaulicher machen, in einer Zeit, als es vieles ja noch nicht gab.
Wenn man bedenkt, dass Goethe die Reise ja machte, als es außer der Kutsche oder Schiffe, noch keine anderen Verkehrsmittel (neben den eigenen Beinen) gab, ist es aus der heutigen Sicht schon fast unvorstellbar so eine Strecke auf diese Art und Weise zurückzulegen.
Das Werk liest sich fließend, ist sehr abenteuerlich und hat einen großen Anhang mit Erläuterungen, Korrespondenz und einen Bericht über den Römischen Karneval.
Da kann man nur sagen :
“Nur wo man zu Fuß war, war man wirklich”
*Friedrich Nietzsche – “Also sprach Zarathustra”
Friedrich Nietzsches Werk “Also sprach Zarathustra” wird öfter als sein Hauptwerk bezeichnet.
Bei großen Schöpfern ist es als solches gesehen Unsinn von “Hauptwerk” zu sprechen, nur wenn das Werk das bekannteste oder meistverkaufteste ist.
Das bedeutet natürlich noch lange nicht, dass es auch das beste ist.
Man sollte also mit dem Begriff “Hauptwerk” vorsichtig umgehen.
Aber warum wird der “Zarathustra” oftmals als Nietzsches Hauptwerk bezeichnet ?
Nietzsche hat ja seine Werke zum größten Teil nicht durchgeschrieben, es sind Anthologien.
Dies bedeutet eine Sammlung ausgewählter Texte oder Textauszüge in Buchform oder im weiteren Sinne eine themenbezogene Zusammenstellungen aus literarischen, musikalischen oder grafischen Werken (Definition).
Im Falle Nietzsche sind es oftmals durchnummerierte Aphorismen.
Also selbstständige einzelner Gedanken, ein Urteil oder eine Lebensweisheit, welche aus nur einem Satz oder wenigen Sätzen bestehen kann.
Oft formuliert er eine besondere Einsicht rhetorisch kunstreich als allgemeinen Sinnspruch (Definition).
“Ich versuche in einer Zeile mehr auszudrücken, als manche in einem ganzen Buch nicht”
Dieses Zitat von Nietzsche zeigt schon die Aussagekraft seiner Sprachkunst als unendliche Quelle der Erkenntnis.
Es gab Jahre (2003-08), als ich immer Nietzsche auf Reisen dabei hatte und es gibt kaum ein Werk von ihm, was ich nur einmal gelesen habe, vom “Tragödienbuch” bis zum “Ecce Homo” habe ich alles bis zu
viermal gelesen.
Wenn man nun alle Werke kennt, scheint sich dieser Schreibstil (Anthologien) zu perfektionieren und sich im “Zarathustra” zur Krönung zu führen.
Zarathustra wird als eine Art wandernde Erlösungsfigur dargestellt, die der Passion Jesu sehr nahe kommt – pointierte Zwischenüberschriften oftmals nur aus zwei oder drei Worte bestehend, leiten ein neues “Kapitel” ein, dieses besteht allerdings aus gezielten Aphorismen.
“Schreibe mit Blut und du wirst erfahren, daß Blut Geist ist…”
Dieses Zitat zeigt, dass Nietzsche es mit seinem “Zarathustra”
ernst meinte.
“…wer in Blut und Sprüche schreibt, der will nicht gelesen, sondern auswendig gelernt werden”
Es zeigt, dass es Nietzsche nicht auf Durchfluss ankam, sondern er sah seine Stärke in piontenhaften Zitaten, um den Kern der Sache besser treffen zu können, als durch lange, oftmals auch ausschweifende Texte.
Wenn man nun den “Zarathustra” durchgehend liest, fügt sich alles zu einem einheitlichen Weltbild zusammen.
Dieses einheitlichen Weltbild, was sich einem immer mehr einprägt, ist einer der Gründe, warum der “Zarathustra” eines der Bücher ist, die man immer wieder lesen kann…
….oder besser um mit einem Zitat Nietzsches zu enden :
“Meine Werke sind nicht zum Lesen oder Vorlesen, sie sind
zum Aufschlagen”
*Edward Buwer-Lytton – “Rienzi, der letzte der Tribunen”
Als drittes ein wahrer Klassiker der Literaturgeschichte.
Edward George Bulwer-Lytton (* 25. Mai 1803 in London ; † 18. Januar 1873 in Torquay) war/ist ein englischer Romanautor und Politiker, der es geschickt verstand, geschichtliche Ereignisse und Vorfälle in Romanform umgeformt für seine Werke zu nutzen.
In späteren Werken tendiert Bulwer (wie man ihn in einer Abkürzung nannte) schon zu okkulten und auf die Science-Fiktion-Literatur hinweisenden Schreibstil und Inhalte.
Bei dem bekanntesten Werk “Die letzten Tage von Pompeji” greift er nicht etwas Überirdisches auf, sondern er nimmt sich ein geschichtliches Ereignis, den Ausbruch des Vesuvs 79 n.Chr. und schafft damit einen Roman mit fiktiver Geschichte.
Bei dem Werk, um das es hier gehen soll, handelt es sich nicht um etwas Fiktives, sondern um einen Person, die Geschichte gemacht hat, und diese Personen gab es ja schon viele – Luther, Jesus, Hitler, Napoleon…
Diese Personen reizen ja immer wieder die Geister großer Schöpfer, ihre Werke daraus zu schaffen, weil die meisten Menschen ja diese Personen kennen, also die Zahl der Interessierten für den Roman oder das Werk somit höher ist, als wenn er einer unbekannteren Person gewidmet ist.
Und diese Person ist der römischer Volks-Tribun RIENZI, der dem Volk Befreiung vom Joch des Adels verspricht, Wohlstand und Einigkeit, vom Volk bejubelt, sich selbst zum Volkstribun erhebt, gefeiert wird und eine große Macht erlangt.
Seine Gegner schmieden bereits einen Plan, um den Volksführer zu
stürzen.
Nach allem Jubel wendet sich aber wie so häufig in der Geschichte das Blatt und derselbige Tribun wird vom selben Volk hingerichtet und gehenkert.
Die Geschichte spielt im mittelalterlichen ROM.
Es geht wie immer um Machtkampf, Verschwörung, Rache und Wahn.
Als nämlich die Steuer wieder mal erhöht wird, wird das Volk rebellisch, es greift zu den Waffen und stürzt den einst Hochgejubelten, der im brennenden Kapitol unter den zusammenstürzendem Gebäude, eine Art Scheiterhaufen, umkommt.
Der Aufbau dieses historischen Romans hat etwas (für mich) Faszinierendes, der Autor schiebt nämlich zwischen die fiktiven Kapitel, einzelne sachlich erläuternde Kapitel, um den Leser eine Art Erklärung der Sachlage unterstützend zu geben.
Eine hervorragende Struktur so einen umfangreichen Roman (628 Seiten) etwas aufzulockern und zwar nicht mit Lückenfüllern, sondern eher mit historischen Fakten.
Wenn das sachliche Kapitel vorbei ist, wird die Handlung wieder aufgegriffen.
Ich habe den “Rienzi”-Roman in Fraktur aus einem Antiquariat aus dem Internet und bereits viermal gelesen.
Kein geringerer als Richard Wagner nahm sich, wie einige andere (z.B. Fr. Engels) des Stoffes an, da er den Roman in seiner Rigaer Zeit als Kapellmeister (1837–39) in die Hand bekam und schuf daraus sein “Durchbruchswerk”, eine 5aktige Große Tragische Oper “Rienzi, der letzte der Tribunen”, womit er zum damaligen Zeitpunkt alles in den Schatten stellen wollte , was es auf der Opernbühne gab (was er auch geschafft hat!).
Dieses in späteren Jahren verstoßene Frühwerk mit seinen 5 Stunden Spielzeit, war zu Wagners Lebzeit das populärste seiner Werke, was ihm später schon etwas peinlich war, wenn man an da Kommendes denkt.
Jetzt kommt etwas mehr leichtere Kost aus dem Bereich der Belletristik.
*Daphne du Maurier – “Ein Tropfen Zeit”
1969 war ja die Hochblüte der Hippie-Bewegung, wer erinnert sich aus unserer Generation nicht daran (?), allerdings auch die Hoch-Blüte der Rauschmittel.
Diese gab es zwar schon immer, aber zu diesem Zeitpunkt (60er Jahre) wurden die “Räusche” mit eingebunden in Werke, ob nun kommerziell oder eher kreativer Natur.
Wie ich am Anfang schon erwähnte, war mein Vater in den 60er Jahren im Frankfurter Buchclub, was damals nichts Alltägliches war.
So bekam ich als 13jähriger das Buch Anfang der 70er Jahre in die Hand.
Ob ich es damals gelesen habe, ist mir nicht mehr bekannt, aber eins hat mich damals (wie heute) begeistert, und das ist das Cover der Ausgabe von 1969.
Ein Bild, was man vielseitig auslegen und interpretieren kann, aber auf alle Fälle Fantasie anregend.
Schon alleine der Titel “Ein Tropfen Zeit” lässt das Herz eines jeden mit Fantasie behafteten Menschen höher schlagen.
Die Droge Zeit, die einen in eine andere, längst vergangene Zeit, versetzen kann ; wer hat als Kind (oder auch als Erwachsener) davon nicht einmal geträumt (?).
Ein Professor macht es möglich, in dem Keller seines Hauses in Cornwall (Wales) eine neue flüssige Droge zu erfindet. Ein enger Freund und Mitwissender stellt sich zur Verfügung die Droge zu testen, als der Professor für ein paar Wochen außer Landes ist. Er gerät in eine andere Welt, in längst vergangene Zeiten und kehrt immer wieder zurück ins Jetzt.
Beide planen einen gemeinsamen Trip, doch dazu kommt es nicht mehr.
Die Sucht wird immer stärker und zeigt böse Folgen.
Das väterliche Buch ist verloren gegangen, allerdings besorgte ich es mir vor ca. 2 Jahren und lass es mit Begeisterung in einem Strich durch, spannend von der ersten bis zur letzten Zeile.
Daphne du Maurier (* 13. Mai 1907 in London ; † 19. April 1989 in Par, Cornwall) war eine britische Schriftstellerin, deren Romane auch teilweise verfilmt worden sind.
Ihre Geschichten spielen hauptsächlich an der englischen Küste, wo sie sich niederließ.
Ihre Romane und Erzählungen zeichnen sich durch Spannung und psychologische Tiefe aus.
Der Roman hat mich begeistert und ist es auf alle Fälle wert, mehrfach gelesen zu werden, nicht unbedingt als Lückenfüller.
Das fünfte Buch für die Insel ist wiederum ein belletristisches.
*Anne Chaplet – “Die Fotografin”
Kurze Vorgeschichte.
In den Wintermonaten des Jahres 2004 hatte ich mich in der städtischen Bücherei mit besseren Krimis eingedeckt, um die dunkle Jahreszeit zu überbrücken.
Viele habe ich gar nicht zu Ende gelesen oder schon nach 20 Seiten abgebrochen.
Doch eines hatte mich dann doch gefesselt, sodass ich es genauer unter die Lupe nahm.
Es war “Die Fotografin” von einer gewissen Anne Chaplet.
Nach einer kurzen Recherche fand ich heraus, dass die Autorin gar nicht Anne Chaplet heißt, sondern ein (schriftstellerisches) Doppelleben führt.
Unter ihren wahren Namen Cora Stephan arbeitete sie schon als Lektorin, Übersetzerin, und Verfasserin von Wirtschaftsliteratur und stammt aus Hessen.
Schon interessant und zeigt einige Fantasie.
Mit diesem Eindruck deckte ich mich im besagten Winter (und auch danach) mit Büchern von Frau Chaplet/Stephan ein, wovon sie schon über ein Dutzend geschrieben hat.
Jetzt war ich allerdings enttäuscht, denn keines der anderen Bücher kam an die Qualität der “Fotografin” heran.
Frau Stephan verzeihe mir diese Erkenntnis.
Ich weiß auch nicht warum, nur dass ich “Die Fotografin” mittlerweile viermal gelesen habe.
Ohne in eine lange Rezension zu verfallen, ist das Faszinierende daran nicht, dass es ein besserer Krimi ist, den man fließend herunter lesen kann, sondern der gefühlvolle Schreibstil, den die Autorin bei gewissen Szenen an den Tag legt.
Wechselnde Handlungsstränge verteilen sich auf verschiedene Orten :
Frankfurt a.M. und das Nest Beaulieu in der Provence – ein Ort, der wirklich existiert (eine Gemeinde mit 1676 Einwohnern im Département Hérault in der Region Okzitanien rund 20 km nord-östlich von Montpellier in Süd-Frankreich).
Vor allem die Handlungsstränge in der Provence, wo sich mehrere Menschen, die sich als solches gar nicht kennen, aber eine gemeinsame Vergangenheit haben, nach langen Jahren wieder begegnen (keine schlechte Idee).
Die Zusammenhänge werden oft verschleiert, die Handlungsorte wechseln, es kommt zu ungewöhnlichen Begegnungen nach langen Jahren, alles wird immer verknüpfter und fixiert sich immer mehr in das Nest Beaulieu in der Provence, was eher friedlich erscheint (im Roman), dann aber zum Zentrum der bis ans Ende spannenden Handlung wird.
Die Person, die bei Chaplet immer wieder auftaucht, auch in den anderen Romanen, ist die Frankfurter Staatsanwältin Karen Stark, die ein gutes Gespür für kompliziert aussehende Fälle hat, vor allem, wenn man ihr einen Fall einfach aus der Hand nehmen will, um ihn vor der Aufklärung zu bewahren.
Sehr gut, Frau Chaplet…äh… Frau Stephan, nur verstehe ich nicht ganz, warum mir die anderen Romane, die auch eine ähnliche Struktur haben, nicht zugesagt haben (?)
Das Buch hat mich zu meinen Provence-Aufenthalten der Jahre 2014/15 mitanimiert. Auch das Foto auf dem Schutz-Umschlag sprach mich an, Fotos von ähnlichem Bildaufbau habe ich auch unzählige gemacht…auch in der Provence.
Gut mal wieder ein Zitat aus meiner Zitatenkiste zu zaubern :
“Wer schreibt, der bleibt”
Weiterführende ergänzende Beiträge :
Allgemein :
*Fr. Nietzsche (https://www.klassik-stiftung.de/nietzsche-archiv)
*Daphne du Maurier (http://www.dumaurier.org/)
*Anne Chaplet (https://www.cora-stephan.de/home/)