»Fotografie ist wie ein Malen mit Licht«
Ein guter Leitsatz, der allerdings so gesehen erst einmal reine Theorie ist. Wie es in der Praxis aussieht, hängt von verschiedenen Gegebenheiten vor Ort ab.
Wenn man versucht, keine Urlaubsbilder zu machen, sondern dem Foto einen Hauch von Aussagekraft und Leben einzuhauchen, bedarf es erst einmal etwas Geduld und dem sogenannten Fotografischen Blick.
Das Auge sieht und der Kopf arbeitet – das heisst, um so mehr der Kopf arbeiten muss, um so interessanter ist das Objekt für ihn.
Ein gelungenes Foto muss immer einen Überraschungseffekt beinhalten, der auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist.
Hierbei kommt es auf mehrere Faktoren an :
* Farbenlehre (Newton, Goethe)
* Licht- Schatten-Effekte
* Perspektive – Winkel
* Maserungen – Strukturen
Wenn man dieses erkennt, kann man bessere Ergebnisse erzielen, als wenn man normale Sehenswürdigkeiten fotografiert.
Es ist immer gut, Elemente herauszuarbeiten, also fragmentarisch zu arbeiten – um so weiter weg, um so schlechter.

Parallele Linien sollten gemieden werden – das Platzieren auf Mitte auch (weil das Auge als erstes in die Mitte des Bildes schaut), besser die Drittelteilung beachten.
Bei der Fixierung des Objektes ist es immer besser in die Hocke zu gehen, als im Stehen zu fotografieren.

Von unten gegen den Himmel ergibt z.B. bei Statuen, Türmen etc. bessere Ergebnisse, als diese im Stehen abzulichten.
Sogenannte Blickführungslinien können dahingehend gut wirken, weil sie den Blick in das Bild erleichtern, also quasi die Aussage des Bildes für den Kopf öffnen.
Ähnlich dem Vordergrund- Hintergrund-Effekt, wenn nämlich der Hintergrund verschwimmt, wird das Eigentliche im Vordergrund herausgehoben.

Genauso ist eine Eckperspektive immer besser als gerade Linien und wenn man dann auch noch von unten fotografiert, kann dies schon etwas “majestätisches” haben.
Und wenn es dann auch noch Nacht ist, wird das Ganze dementsprechend noch gesteigert.

Wenn man eine Foto-Session über eine Stadt macht, sind Stimmungsbilder wesentlich wirkungsvoller, weil sie die Atmosphäre, die dort herrscht, besser einfangen können.
Das alles Entscheidende aber sind die Lichtverhältnisse.
Strahlender Sonnenschein ist nicht die Voraussetzung für gelungene Fotos, weil es hartes und plattes Licht ist.
Da ist Sonnenaufgangs- und Sonnenuntergangslicht wesentlich besser, weil es “warmes” Licht ist.

Wer Geduld hat, stelle sich einmal an einen Standpunkt (z.B. vor eine Kirche) und fotografiere immer dasselbe Objekt (die Kirche) zu verschiedenen Zeitpunkten.
Nach dem Sonnenuntergang ist die Folge :
Dämmerung, Blaue Stunde, Nachtblau, Nacht.
Ein Arbeiten mit kleinerer Blende kann einen Moment einfangen, der aussieht, als wäre es Dämmerung, obwohl noch klarer Tag ist.

Bei Nachtfotos kommt man um ein Stativ nicht herum, wobei man natürlich sich etwas Zeit nehmen sollte – die Ergebnisse sollen ja (nicht nur für einen selbst) fruchtbar sein.

Da ich bis vor Kurzem analog fotografierte und für mich die Situation vor Ort das Entscheidende ist (und nicht danach am Bildschirm), ist es ratsam, erst sich Gedanken zu machen, wie das Objekt am besten und aussagekräftigsten festzuhalten ist.
Dieses schult den Fotografischen Blick, sodass man nach einer gewissen Zeit gar nicht mehr lange überlegen braucht, sondern sofort sieht, was und vor allen Dingen wie man fotografieren sollte.

Man kommt natürlich nicht darum herum, von einzelnen Dingen viele verschiedene Fotos zu machen, um daheim die besten auszusuchen.
Es gibt natürlich Städte, wo man seinen Blick sehr gut schulen kann, so eine Stadt ist z.B. Venedig, die Stadt der qualmenden Kameras.
Die meisten Fotos, die ich gemacht habe seit 2007, habe ich bei meinen Aufenthalten in Venedig gemacht.
Beim Carnevale di Venezia kommt man, auch wenn man nur eine Woche da ist, bestimmt mit 1.000 Fotos heim – hier muss um jedes Foto gekämpft werden, ausserdem ist in diesem Fall Folgendes wichtig, nämlich die Kette…
Kulisse - Maske – Pose.
Die Maske ohne störende Touristen aufzunehmen, ist sehr schwer, vor allem an den Knotenpunkten – man kommt also um eine sehr große Anzahl von Fotos nicht herum.

Das Ganze muss natürlich auch etwas Spaß machen – für mich ist die Auswertung der großen Anzahl von Fotos daheim, immer eine Art Reprise der ganzen Reise.
* Alle in diesem Beitrag verwendeten Fotos sind mit meiner analogen Minolta-Kamera entstanden, die mich lange Jahre auf meinen Reisen begleitet hat.
©herrrothwandertwieder, 2025