“Wer suchet, der findet”
Es gab einmal eine Zeit in Deutschland, da konnte man auch ohne Navigator alles finden.
Vielleicht erinnern sich noch einige daran – jedes Haus hatte ein kleines, rechteckiges, blaues Schild mit der Hausnummer in weißer Schrift darauf und dementsprechend gab, bzw. es gibt sie ja noch, Straßenschilder in demselben Blauton, auf denen gut lesbar der Name der Straße stand/steht.
Die letzteren gibt es ja noch, doch die Hausnummern sind so gut wie verschwunden, weil nämlich ab einem gewissen Zeitpunkt jeder meinte, die Hausnummer seines Heimes individuell, so wie er lustig ist, zu gestalten.
Der Haken an der Sache ist der, dass man kaum noch ein Haus in einer fremden Stadt finden kann.
Und so kam es zur Erfindung des Navigators, denn ohne diesen würde man ja umherirren ohne Ende.
Aber wie sieht das eigentlich in anderen Länder aus ?
ITALIEN
In italienischen Städten sieht man das alles gar nicht so eng.
Doch ist eines zu beobachten, und zwar, dass die Schilder in der jeweiligen Stadt gleich sind, aber von Stadt zu Stadt sich unterscheiden (außer Ausnahmen).
Die Schilder weisen oftmals eine künstlerische Fantasie auf, was auch teilweise an die Architektur und den Flair der Stadt angepasst ist.

Bei meinem diesjährigen Aufenthalt in Bologna im August 2016 fand ich durch Zufall ein Symptom der Straßenbenennung in dieser wunderbaren Stadt.
Viele Straßen haben nämlich zwei Namen, was einen auf den ersten Blick verwirren kann.
Dieses hat allerdings eine ganz einfache Erklärung, die sich durch die langjährige Geschichte dieser Stadt ergibt – einmal ist es der neue Name der Straße und darunter eben der aus frühen Zeiten stammende Name.
Auch nicht ganz uninteressant.
Ein weiteres Zeichen von Ordnung im Chaos (der ja in vielen italienischen Städten herrscht) ist, dass auch der jeweilige Stadtteil mit auf dem Straßenschild ist.

Sogar im größten Chaos und im rauschhaften Leben in den Gassen von NEAPEL hat man immer noch eine Orientierungsmöglichkeit, weil auf jedem Straßenschild auch das jeweilige Viertel, bzw. Quartier verzeichnet ist.
Und diese Schilder sind im Stadtbereich von Neapel aus marmorähnlichem Gestein (ob es wirklich Marmor ist, kann man nicht genau definieren) und der Name scheint eingemeißelt zu sein.

Dies zeigt, dass Neapel doch nicht so ein Chaos ist – ist es schon, aber ein sich selbst regulierendes Chaos.
Jetzt gibt es ja in Italien ein gewisses “Nord-Süd-Gefälle”, das heißt, dass es ärmere Städte gibt (in Süden) und super-reiche (meist im Norden).
In der “Hochburg” der Mafia, in PALERMO, ist ein Symptom zu erkennen, was das Auf und Ab dieser Metropole widerspiegelt – es gibt ausnahmsweise keine gleichen Straßenschilder, sondern unterschiedliche Straßenmarkierungen, die oftmals einfach mit Farbe auf die Wand des Hauses gepinselt sind.

Andererseits gibt es in Palermo aber auch Straßenschilder, auf denen der Name in einer anderen Schrift beigegeben ist.

Welchen tieferen Grund dieses in so einer zerrüttelten Stadt hat, ist mir nicht ganz klar.
Wenn es jetzt in Italien nobler kommt, dann geht es schon hin zum Kunsthandwerk.
Der kleine Ort RAVELLO oberhalb des Golfes von Salerno hat ja einen gewissen touristischen Zulauf.
Außerdem ein Pilgerort, weil hier Richard Wagner im Garten des Palazzo Rufolo bei einem Besuch mit der ganzen Familie im Jahre 1880 glaubte, die Szenerie von “Klingsors Zaubergarten” im 2. Act des “Parsifal” wieder zu erkennen.
Es wurde von dem immer mitreisenden Maler Paul von Joukowsky vor Ort gemalt und noch lange Jahre in Bayreuth als Bühnenbild verwendet.
Die Hausnummern in diesem kleinen Ort (Ravello) zeigen nicht nur die Nummer des jeweiligen Hauses, sondern auch das berühmte Panorama der am Abhang liegenden Kapelle mit dem Blick über den Golf, welches alle Reiseführer ziert.

Wenn man jetzt noch eine Stufe höher geht, nämlich zu der Insel der Reichen und Schönen (sonst wäre ich ja nicht da gewesen!), und zwar nach CAPRI im Golf von Neapel, sind die Schilder an den Villen schon nicht mehr als Schilder zu bezeichnen, sondern als Keramik-Kunstwerke – eines schöner, als das andere.

Man erkennt darin nicht nur den Namen der Villa, sondern oftmals auch der “Göttin”, die darin wohnt.
Dass es von Künstlern handgefertigte “Schilder” sind, erkennt man daran, dass der Name des Schöpfers ganz klein seitlich verewigt worden ist, hierbei muss man allerdings gute Augen haben.

Im oben zu sehenden Bild ist zwar HerrRoth Schöpfer des Fotos, aber Schöpfer des Keramik-Schildes ist natürlich ein anderer, der sich am Schild rechts unten eingetragen hat.
Äußerst schwierig ist es ja nun im Labyrinth der Gassen von VENEDIG.
Es gibt zwar eine Gassen-Beschilderung …

…aber jeder, der einmal in der Lagunenstadt war, kennt die Probleme, die aufkommen können, wenn man etwas Spezielles sucht, weil es viele Gassen mehrfach gibt und dementsprechend sich alles an den Namen der 6 Stadtteile von Venedig klammert.
Das bedeutet, dass eine Adresse nie den Gassennamen enthält, sondern immer nur den jeweiligen Stadtteil und die Nummer des Hauses oder Palazzos (z.B. Dorsoduro 938).
Bei der Orientierung gibt es allerdings den Trick, den jeweiligen Stadtteil nicht an Gassen-Beschilderung zu erkennen, sondern an den unzähligen Lampen.

Manchmal etwas ungewohnt und schwer zu erkennen, aber doch beim Irren im Hellen und im Dunklen (!) sehr hilfreich.
In der Kunst- und Kultur-Metropole FLORENZ fällt die Wahl der Straßenschilder komischerweise etwas nüchterner aus…

…was einen doch etwas stutzig macht, bei dem Wohlstand, der hier herrscht und der traditionsreichen Geschichte der Stadt.
Allerdings wird versucht, dieses auszugleichen, durch die Idee, an jedes Haus, in dem in früheren Jahren ein Künstler, Schriftsteller, Maler, Komponist oder eben eine bekannte Persönlichkeit gelebt oder gewirkt hat – eine individuell gestaltete “Erinnerungstafel” anzubringen.
Dieses wirkt schon ein bisschen protzend und angeberisch, als wollte man den Ruf dieser Kunst-Metropole noch steigern, aber es nützt ja nichts für die Orientierung.

Jetzt fragt man sich, warum hier keine Tafel über Richard Wagner an einem der Palazzos angebracht ist ?
Tja…, Florenz besitzt im Historischen Kern (Centro storico) noch nicht einmal ein traditionelles Opernhaus, weder aus frühen Zeiten, noch von heute.
Die Oper von Florenz (Opera di Firenze) ist ein moderner Bau außerhalb, der direkt an einer Eisenbahnlinie und ‑haltestelle liegt (!?) – nicht gerade gut für die Akustik.
Das gibt einem schon zu denken – es ist eben nicht alles Gold, was glänzt.
Zu guter Letzt kommt das eher ruhige UMBRIEN.
Deren Hauptstadt PERUGIA liegt ja hoch auf dem Berg und das Historische ist auch nur dort oben zu finden.
Die Stadt weist mehrere (sehr hohe) Stadttore auf und diese stammen aus dem Mittelalter – das hat natürlich wieder einen strategischen Grund zum Schutz der Stadt vor Eindringlingen oder “Feinden”.
Warum die Stadttore (Portas) so hoch gebaut sind, ist nicht ganz klar.
Es gibt demgemäß eine Art von Schildern, die den Namen des Tores tragen und das sogar mit einem Wappen, was frühere Zeiten wach werden lässt.

Man sieht an diesen Beispielen, dass es eigentlich gar nicht auf ein einheitliches Erkennen ankommt, sondern auf das Individuelle der jeweiligen Stadt und auf eine Anregung für den mit offenen Augen durch die jeweilige Stadt wandelnden Besucher.
Wie somit bei bestimmten Städten z.B. im Ruhrpott die Schilder aussehen müssten, bleibt dahingestellt, aber Gott sei Dank gibt es ja noch unsere königsblauen Schilder mit dem Straßennamen in weißen Buchstaben…
Was lernen wir daraus :
” Wege sind nur so lange gut,
wie sie in die richtige Richtung führen”
****************