Durch die ungeheure Verehrung Anton Bruckners für die Musik bzw. tondramaturgischen Strukturen Richard Wagners nennt man Bruckner oftmals den “Wagner der Symphonie”. Bruckner sah trotz seinen umfangreichen religiösen Werken seinen “Lebensberuf” als Symphoniker. Die sich steigernde Bombastizität in seinen Werken zeigen eine Anlehnung an die großen Bühnenwerke Richard Wagners mit sogenannten Peripetien (Wendepunkte und Umschwünge in Musikdramen) und immensen musikalischen Steigerungen ins Unermessliche.
Eine bewußte Überschreitung des Rationalen in Richtung des Unendlichen. Denn die wahre Welt fängt immer da an, wo man aufhört sie zu sehen. Dieses klingt eher nach Metaphysik und nicht nach Romantik. Schriftsteller der deutschen Literaturgeschichte wie Schleiermacher, Novalis und Schlegel sahen in ihren romantischen Ideen das Gemüt inmitten des Endlichen mit dem Unendlichen eins werden. Dieses sollte das höchste Ziel der romantischen Kunst sein.
Aber warum untertitelte Bruckner seine Vierte als die “Romantische”? Bildhafte Vorstellungen und Hinweise waren ja in anderen Symphonien Bruckners äußerst selten, während er sich in dieser Vierten dazu zumindestens äußert. Ein “Programm”, also einen gewissen Handlungsablauf findet man allerdings nicht. Eine Illustration oder Koloration stellt somit die Komposition nicht dar und der Versuch romantische Merkmale in der Musik festzustellen ist nur mit viel Phantasie, bzw. kaum möglich. Bruckner sah neben seinem tiefem Glauben und seinen christlichen Werken seinen “Lebensberuf” als Symphoniker. Durch diese Konzentration auf die Instrumentalmusik ist es quasi unmöglich “romantische” Stoffe oder Vorstellungsmuster nachzuweisen. Die Bedeutungshinweise des Kopfsatzes, die Bruckner gibt, sind eher widersprüchlich und nicht mit dem zu Analysierenden in Übereinstimmung zu bringen.
Erster Satz (Bewegt, nicht zu schnell):
“Mittelalterliche Stadt – Morgendämmerung – von den Stadttürmen ertönen Morgenweckrufe- die Tore öffnen sich – auf stolzen Rossen sprengen die Ritter hinaus ins Freie - der Zauber des Waldes umfängt sie – Waldesrauschen, Vogelgesang – und soentwickelt sich das romantische Bild weiter”
“Musik als Bekenntnis und die Überwindung des programmatischen Denkens”
Dass Richard Wagner keine Symphonien komponieren konnte, will man im Lager der überzeugten Wagnerianer immer verschweigen.
“Er tat sich immer sehr schwer…“
So kann man es auch ausdrücken, was allerdings heißt, dass er die wenigen, die er komponiert hat, besser weggeschmissen hätte, als damit seinen eigenen Ruf zu schaden. Das größte Vorbild ist allerdings das Primum Optimum Beethoven, der von Wagner über alles verehrt wurde. Bei dem Magier der Tonmalerei Richard Wagner stand das Symphonische eher im Hintergrund, was den Meister sehr geärgert hat. Dadurch bringt er in die Vorspiele vor allem den Vorspielen zum “Lohengrin”, “Tristan und Isolde” und den “Meistersingern von Nürnberg” Elemente herein, die schon dieses Vorspiel eher als eine Symphonie erscheinen läßt.
Der Italien‑, Belcanto- und Rossinifreund Marie-Henri Beyle (1783–1842) war ja ein fleißiger Verfasser und Autor zum Teil sehr umfangreicher Literatur, sodass er sogar noch heute eine gewisse Verehrerschaft hat. Er stammt aus einer Ära in der Geschichte der Menschheit, als das Bühnenwesen hochgehalten wurde und der Haupt-Arbeitgeber war und aus der große Philosophen, Schriftsteller und Komponisten entsprungen sind. Er war neben seinen beiden oben genannten Leidenschaften auch ein Hochhalter eines der größten Rätsel der Menscheit, nämlich der “Liebe”, was man immer darunter verstehen mag, er meinte natürlich als Frauenheld und Dandy die Liebe zu einer Frau, was sich allerdings oftmals nur als Wunschdenken und Hinterherrennen hinter dem Glück herausstellte. Des Weiteren war er auch ein Verehrer Napoleons, nahm an dessen Feldzügen teil und im politischen Sektor als Konsul in einer italienischen Stadt in der Nähe von Rom für ein Jahr abkommandiert, was allerdings seinen kreativen literarischen Ergüssen nach seinen eigenen Angaben nicht so förderlich war.
Man sieht, dass auch der richtige Ort oder Ortschaft für die Kreativität wichtig ist und dass ein Schöpfer nicht überall seine Werke erschaffen kann. Allerdings ist Stendhal bei seinen ausgiebigen Italienreisen, was er auch in einem Buch festhielt, in gewissen Städten, vor allem in Florenz, ins Schwärmen geraten und sogar in eine Art Rausch (Stendhal-Syndrom), was man ja gut nachvollziehen kann, wenn man bestimmte italienische Städte schon einmal aufgesucht hat, was sich oftmals weder beschreiben noch vergessen läßt.
“Beethovens Siebte Symphonie ist in Bezug auf die Form von einer Vollkommenheit wie keine andere Symphonie” (Teodor Currentzis)
Der griechische Dirigent Teodor Currentzis hat ein eigenes Orchester (MusicaAeterna Orchestra and Choir) und ist mit diesem in der östlich gelegendsten Großstadt tätig – im russischen PERM, 1.500 km östlich von Moskau. Beethoven scheint ihm sehr nahe zu liegen, auch wenn er erst die 5. und 7. Symphonie Beethovens auf CD veröffentlicht hat. Currentzis hat ein breit gefächertes Spektrum (Mahler, Beethoven, Mozart, Tchaikovsky) und bringt seine Darlegungen der Kompositionen gekonnt auf die Konzertbühnen und auf die Tonträger (soweit ich es beurteilen kann).