“Schau in den Spiegel Baby”
Schopenhauer war der festen Überzeugung, dass die Welt als solches gar nicht existiert, sondern, dass es diese nur im Kopf des Menschen gibt.
(“Die Welt als Wille und Vorstellung” – Arthur Schopenhauer)
Jeder Mensch ist anders, weil sich jeder anders entwickelt und um einen herum entwickelt sich auch alles – man entwickelt sich quasi in einer Entwicklung.
Wenn man jemanden ein Buch in die Hand drückt und sagt, “…hier, das muss du unbedingt lesen!”, gibt er einem nach drei Tagen das Buch zurück mit dem Kommentar, “…na ja, is ja janz jut, aber…” und damit will er darüber hinwegtäuschen, dass er nach 20 Seiten das Ganze drangegeben und das Buch in die Ecke gelegt hat.
Dieses kleine Beispiel zeigt, dass es eine Kunst ist, ein Buch zu schreiben und genauso ist es eine Kunst ein Buch zu lesen, und zwar, weil es die Fantasie anregen muss, die man als Leser auch braucht.
Es geht, um es einmal ganz platt zu sagen, um das Nachvollziehen eines Gefühls.
Es ist ja nun mal nicht einfach, die Gefühle von manchen Menschen nachzuvollziehen, aber trotzdem hat ja nun (fast) jeder Mensch seinen Lieblingsmaler, ‑komponisten, ‑schriftsteller etc., und dies hat den Grund, dass man das, was dieser versucht auszudrücken, versucht nachzuvollziehen und um so besser man es nachvollziehen kann, um so besser gefällt es einem.
Wenn man reist, kommt man ja in ganz andere Gefilde, als im Heimatland, man muss lernen neu zu sehen – ein Besuch in China ist natürlich etwas anders, als in Sizilien.
Wenn ich von meinem Besuch in Sevilla schwärme, schwärme ich natürlich nicht von Sevilla (denn das gibt es ja gar nicht), sondern von meinem Aufenthalt in Sevilla zu diesem Zeitpunkt dort.
Wenn man mit der großen Liebe in Phase 1 (soll ja vorkommen!) irgendwo ist, ist es eigentlich egal, wo man ist, weil der Ort ja im absoluten Hintergrund steht …
Wenn Goethe voller Begeisterung über Sizilien schreibt und es schon als eine Art “Wiedergeburt” bezeichnet, so lässt es den Italien-Durchwanderer von 1801, nämlich Gottfried Seume sehr kalt – er sieht es nüchterner.
In vielen Städte, in denen ich schon weilte, durfte ein Foto nicht fehlen, nämlich ein Foto, auf dem ich selber bin…
Eigentlich kann ich es mir nicht nehmen lassen, mich selbst abzubilden.
Dies hat keine egomanische Tendenzen, sondern es ist natürlich auch ganz lustig, wenn man sich selbst in der Kulisse seitenverkehrt sieht.
Außerdem kommt man ja nicht jeden Tag dorthin.
Im hoch- und heiligen BOLOGNA hat man am Schaufenster eines Geschäftes in der Altstadt Schlagläden angebracht, in denen Spiegel eingelassen worden sind…
Klingt nicht unbedingt außergewöhnlich, doch jetzt kommt der Trick…
…auf diesen Spiegeln sind Motive aus frühen Jahren gemalt oder eher gedruckt, man schaut hinein und sieht gar nicht sein Spiegelbild, sondern Bilder aus einer anderen Welt, bzw. aus einer anderen Zeit.
Wirkt schon sehr gut, und jedes mal, wenn ich in Bologna bin, gehe ich zu diesem Geschäft…
Als ich 2014 wieder in Bologna war, entdeckte ich an einem anderen Geschäft Schlagläden, die auf den ersten Blick auch wie ein “Spiegel” wirkten.
Allerdings war hierauf die Geschichte des Geschäfts bis ins 18. Jahrhundert hinein nachzulesen, was sicher viele Vorbeieilende zum Stehen und Lesen veranlasste.
Eine geniale Idee, die manche Werbestrategen in den Schatten stellt.
Mein diesjähriger Aufenthalt in Bologna (2016) führte mich wieder zu diesem Geschäft, allerdings war ich doch etwas überrascht, die Schlagläden waren zwar noch da, aber das Geschäft stand leer…
Also ist eine gelungene Werbestrategie nicht unbedingt der Garant für Umsatz.
Der Carnevale di Venezia ist ja nun das Massenspektakel in Italien.
Als fotografierender Mensch sieht man irgendwann nur noch Menschen und Masken – die Kunst ist es nun die Maske ohne die Menschen herum zu fotografieren, was oftmals schon einem Kampf gleicht.
Bezaubert schaute ich im Februar 2016, bei meinem Aufenthalt dort, in ein Schaufenster, wo ich die nächste Maske zu sehen glaubte…
…allerdings nur glaubte, denn bei der Auswertung der Fotos zeigte sich, dass es ein Gemälde war und nicht eine “lebende” Maske (oder das Leben darunter).
VENEDIG ist ja so ein Fall für sich, da man die Kulisse zweimal sieht, einmal in der (angenommenen) Realität und einmal im Spiegel des Wassers, der einen durch ganz Venedig verfolgt.
Man kann das Foto quasi herumhalten, wie man will – wenn es gelungen ist, kann man nur sehr schwer sagen, wie herum es wirklich gehört.
Noch zaubervoller wird das ganze, wenn das Wasser, was ja meistens steht, leichte Wellenbewegungen bekommt und die sich spiegelnde Fassade in Bewegung gerät.
Diese beiden kleinen Beispiele zeigen, warum Venedig jeden Fotografen in seinen Bann schlägt und die Kamera qualmt, wie in kaum einer anderen Stadt.
Zur Konfirmation bekam ich ein Buch geschenkt, dieses hieß “Das Bild als Schein der Wirklichkeit” und es beinhaltete die Bilder des Grafikers M.C.Escher, dem holländischen Maler.
Es hat mich als junger Mensch begeistert, vor allem, was die Perspektiven betrifft, nur wenn man die Bilder näher betrachtet, erkennt man, dass sein Schöpfer doch wesentlich mehr auf dem “Kasten” hatte, als nur ein Abbild zu schaffen – er schaffte es optische Täuschungen zu erzeugen, die jeden Betrachter schon vor Rätsel stellen oder sogar ins Grübeln versetzen können.
Das Buch habe ich noch heute, mehr als 40 Jahre später, es ist allerdings in die Regale meiner Kellerräume gewandert, quasi auch nur ein Schein, den ich aber jederzeit wieder zum Leben erwecken kann, wenn ich nämlich das Buch aus dem Keller hochhole.
Was lernen wird daraus :
“Das Bild ist immer nur ein Schein der Wirklichkeit”
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