“Die Prunkmeile von Aix”
Es gibt viele Städte, die durch “Prunkmeilen” geprägt sind, wo sich vor allen Dingen das nächtliche Leben abspielt und wo es einfach Spaß macht, dort nur zu flanieren, egal ob am Tag oder in der Nacht.
Ein gutes Beispiel ist natürlich die “Kö” in Düsseldorf mit ihren Boutiquen, Banken, schwarzen Mercedes-Karossen ohne Ende und in der Mitte der kleine Bach (Stadtgraben), mit Baumbestand und den “armen” Rentnern, die hier Tag für Tag auf und ab gehen.
Ich kenne sie von Kindesbeinen an, weil mein Vater oft mit uns dort war – er hatte einen Hang zum Noblen und ästhetisch Schönen.
Ich weiß noch, dass es dort ein sehr traditionsreiches altes Kino gab – ich habe dort im Jahre 2003 oder 2004 meine Unterschrift hinterlassen, dass es aufrecht erhalten bleiben soll.
Es ist dann doch leider verschwunden, denn was sich nicht selbst tragen kann, ist schnell weg, auch wenn es noch so traditionsreich ist.
Frankreich ist ja das Land der schönen Künste, der Gourmets und des feinen Lebens.
Nach den unzähligen Italien-Aufenthalten dachte ich im Jahre 2014 :
“…jetzt musse ma langsam woanders hin!”
Mein Vater war immer ein Frankreich-Verehrer und er schwärmte immer für viele Gegenden in diesem Land, aber die Provence haben wir in frühen Jahren nie besucht.…
…dann wurde es aber langsam Zeit, auch wenn mein Vater nun schon 12 Jahre nicht mehr unter uns weilt.
Nach meinem Besuch in Avignon im Jahre 2014 hatte ich den Geschmack für diese Gegend bekommen, und jeder, der einmal dort war, der weiß, dass dort sich alles noch ein bisschen zum Traumhaften steigert und der feine Geschmack noch höher geht.
Vor allem in den Nachtstunden sollte man Avignon nicht verpassen.
Als Vergleich ging ich im Jahre 2015 eine der bekanntesten Städte dieser Region an…
…nämlich Aix-en-Provence.
Ausführliche Angaben will ich mir sparen, denn diese kann man ja überall nachlesen.
Nur muss man herausheben, dass Aix nicht nur die historische Hauptstadt der Provence ist, sondern auch ein hervorragendes Opernfest bietet, das Festival d’Aix-en-Provence.
Außerdem wird Aix auch “Stadt der Brunnen” genannt und dies nicht zu unrecht, denn die Stadt besitzt nicht weniger als 30 Brunnen.
Dieses hat seinen Grund wiederum in frühen Jahren zwecks Wasserversorgung der Pferde, die diese verkehrsgünstige Stadt durchquerten, ganz zu schweigen von den heilenden Thermalquellen, die Aix schon früher zu einem berühmten Kurort machten.
Aix-en-Provence zählt bei den Franzosen als Stadt der höchsten Lebensqualität mit der Schwerpunkt auf Kunst und Kultur.
Bei all den schon rauschhaften Lobeshymnen kommt ja dann meistens die Ernüchterung vor Ort, wo sich einem schnell die Realität zeigt.
Der erste Eindruck zählt…, wie man so schön sagt.
Und ich entsinne mich noch des ersten Eindrucks von Avignon, der mich ein Jahr vorher überfiel, als ich nach 17stündiger Busfahrt aus dem Busbahnhof kommend die ersten Eindrücke von Avignon in mich aufsaugte…
In Aix sah dies für meine schon etwas verwöhnte Seele allerdings etwas nüchterner aus…
Die Verbindung zum Flughafen Marseille (Marseille Provence) ist sehr gut – von dort aus nahm ich dann im Mai 2015 wiederum einen Bus, der allerdings keine 17 Stunden fährt, sondern bis Aix ca. eine halbe Stunde braucht.
Die Anlage der Stadt (Aix) ist mit der Geometrie Avignons nicht vergleichbar.
Beim Aussteigen aus dem Bus in Aix waren meine Erwartungen sehr hoch, doch die Begeisterung über die höchste Lebensqualität, den Gipfel der Kunst und Kultur, der traumhafte Kurort blieb erst einmal aus – dies alles war in dem Moment, als meine Füße die Av. Maurice Blondel betraten, nicht zu erblicken.
Den kleinen Zettel mit dem Weg zum Hotel fertige ich mir vorher immer an und somit führte dieser mich durch die Av. Victor Hugo, wo sich nach der ersten Ernüchterung, schon einige Andeutungen der Jubel-Literatur zeigten, nämlich Häuser in Ockerfarben und mit Platanen gesäumte Straßen, die ja ein Markenzeichen der Städte in der Provence sind.
“…na ja, ma sehn, wat da noch kommt!”, dachte ich meine Tasche mit Rädern hinter mir herziehend, die Kameratasche um die Schultern und den Zettel in der Hand – denn eines kommt in jeder Literatur über Aix vor und wird als einzigartig, traumhaft, traditionell, rauschhaft bezeichnet…
…und zwar die Prunkmeile COURS MIRABEAU…
…womit wir wieder bei der anfangs erwähnten Kö in Düsseldorf wären.
Zur Erläuterung :
Die Cours Mirabeau ist die Flaniermeile von Aix aus dem Jahre 1651 – zu damaliger Zeit hatte sie keinerlei Geschäfte und diente dem Adel ausschließlich zur Präsentation.
Im Laufe der Zeit, vor allem im 18. Jahrhundert, siedelten sich aber doch immer mehr Geschäfte, Cafés und Feinschmecker-Läden in den alt-ehrwürdigen Adelspalästen ein.
In der heutigen Zeit zeigen sich in den palastartigen Häusern auch Hotels, Banken etc.
Die reich gezierten Fassaden mit schmiedeeisernen kunstvoll gestalteten Balkonen geben dieser Prunkmeile ein herrschaftliches Aussehen.
Buchläden, Boutiquen und Souvenirläden laden zum Bummeln ein.
Es ist wie so oft eine Platanen-Allee und sie beginnt im Westen mit dem Fontaine de la Rotonde, einem prunkvollen Brunnen in der Mitte eines Kreisverkehrs.
Die ca. 1 km lange “Straße” hat in ihrer Mitte mehrere der moosüberwachsenen markanten Brunnen aus frühen Jahren, die des Nachts durch die Beleuchtung gute Motive abgeben.
Den Reiz zur nächtlichen Stunde kann man kaum beschreiben, da ja mehreres zusammenkommt…
…eine beleuchtete platanengesäumte Flaniermeile bei lauen Temperaturen, ockerfarbene Fassaden, viele schon leicht verblasste, palastähnliche Bauten, reizvolle Brunnen, geflaggte Laternenmasten, bis in die Nacht hinein geöffnete Cafés, bummelnde Menschen (die dürfen ja nicht fehlen) – ein Stimmungsgemisch, was einen vieles vergessen lässt…
Einen Nachteil erkennt man, eher wieder nüchtern geworden, am Tage, die durchfahrenden Autos sind ein Störfaktor, wobei man sagen muss, dass die Cour Mirabeau oftmals für Märkte oder Veranstaltungen gesperrt und autofrei ist.
Sämtliche Altstadtgassen befinden sich entweder oberhalb oder unterhalb dieser “Wunder-Achse” und man kommt beim Bummeln auch immer wieder auf ihr heraus.
Bei so viel rauschhaften Beschreibungen, darf man die Realität nicht aus den Augen verlieren, auch wenn ich als ersten Eindruck immer mit der Kamera im Anschlag nach der Ankunft durch die Gassen renne, um die Atmosphäre der Stadt in mein emotionales Gedächtnis abzubilden und auf Fotos festzuhalten.
Jetzt kam mal wieder ein schöner Zufall – meine Mutter lebte zu dem Zeitpunkt zwar nicht mehr, aber trotzdem war ich am Muttertag (10.05.) in Aix angereist, und auf einmal stand ich bei diesem ersten Bummeln vor einer Boutique, die den Namen meiner Mutter trug…
“…na, wat dat wohl zu bedeuten hat…?”, dachte ich.
Man muss wissen, dass die Hotels in der Provence ja generell sehr teuer sind, mein Hotel hier in Aix lag direkt an dieser Nobelmeile, da brauche ich nicht zu erwähnen, was es gekostet hat…
Denn das von außen herrschaftlich anmutende Gebäude, zeigte sich drinnen als ein ziemlich einfache Hotel, was seinen Preis absolut nicht wert war.
Die Hotels in den anliegenden Gassen waren allerdings bei meiner Vor-Recherche noch teurer…
Da kommen bei mir die traumatischen Erinnerungen an Florenz hoch, aber alles hat seinen Preis.
Wenn man dem Synonym “Stadt der Brunnen” folgt, kann man schon einige reizvolle Dinge mit viel Ideenreichtum finden.
Gute Ideen gehören einfach dazu.
Der rechteckig angelegte Platz Place des Cardeurs liegt weit oberhalb der Cour Mirabeau, trotzdem fand ich hier etwas, was man als eine wirklich gute Idee bezeichnen kann.
An einem Weingeschäft hatte man Sprüche oder Zitate auf die sich öffnenden und schließenden Entlüftungsklappen geschrieben.
Da kann man zynisch schon fast sagen, “…halt die Klappe!”
Na, wenn das keine gute Idee ist.
Doch etwas sauer über den ungerechtfertigten Preis dieses Hotels, verließ ich dann nach 6 Tagen die Prunkmeile, wieder meine Tasche hinter mir herziehend, Richtung Busbahnhof, um den Bus nach Marseille zu erwischen.
Den Zettel mit der Lage des Hotels hatte ich schon weggeworfen…
Es zeigte sich mir dann beim “Abschied” doch, dass auch das schon leicht Verblasste seinen Reiz und seinen Charme hat, und das hat nun mal seinen Preis…
Was lernen wir daraus :
“Alles beginnt mit einer Idee,
der Rest ist nur Entwicklung”
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* Festival d’Aix Provence (http://festival-aix.com/fr)
* Fotos in meiner Bildergalerie Frankreich :