“Wo der Dirham rollt” oder
“Chaos am Platz der Gehängten”
Wer einmal in Marrakesch war, der weiß, dass dort nicht nur ein totales Chaos herrscht, sondern auch der Rubel rollt, bzw. der Dirham kullert.
Der Menschenschlag in dieser Gegend ist ja der “Händler”.
Wir Deutschen sind gewöhnt, wenn etwas 10 € kostet, auch 10 € auf den Tisch zu blättern – ohne wenn und aber.
In Marrakesch und in der Arabischen Welt gibt es allerdings keine bzw. nur wenige Festpreise.
Das heißt, wenn man in eines der unzähligen Taxis steigt, geht es erst einmal ans Handeln.
Da die öffentlichen Verkehrslinien innerhalb der Stadt eher nicht ratsam sind, sollte man auf die alten Mercedes 220D zurückgreifen, die einen durch das Gewühl des Verkehrs an den gewünschten Ort bringen.
Klingt gut, klar – so soll es ja auch sein…doch läuft das hier ein bisschen anders, als im heimischen Deutschland.
Denn hier wird erst einmal über den Preis der Fahrt gehandelt und darauf sollte man sich auch einstellen und nicht sofort den genannten Preis hinblättern.
“…please bring me to…, how much did it cost?”
“Fifty Dirham!” - kurzes Schweigen…
“No my friend, that is to much!”
“Let us say fourty…”
Nachdenkliches Schweigen, knisternde Ruhe.
“…no fourty-five…”
Angespannte Stimmung.
“Ok, lets drive…”
Kurze Erleichterung.
Nach dieser 20 minütigen Debatte geht es dann endlich los.
Leichte innere Spannung meinerseits – am Ziel zücke ich einen Fünfziger (zur Info 5,00 €), doch die Debatte geht weiter …
“…ok friend, I also bring you home for seventy Dirham all together!”
“No, no … never, I only want to drive to here and not back!”
Auge in Auge und wieder leicht erregte Stimmung.
“Ok, I give you fifty…, but not Euro, only Dirham!”
Doch eher erleichtert, steigt man aus dem Mercedes und fragt sich, wie die Karre durch den TÜV kommt (?).
An diesem Beispiel sieht man, dass man es in diesem Landstrich doch mit geschickten Händlern zu tun hat, die sehr clever sind und trotzdem im Rahmen des Legale bleiben, wenn man hier von legal reden kann.
Mein 8tägiger Aufenthalt in einem Riad direkt in der Medina (Altstadt) von Marrakesch hat mir gewisse Tricks vor Augen geführt und gezeigt, wie man dagegen angehen sollte.
Mein Riad hatte noch eine (relativ) günstige Lage, denn der “Platz der Gehängten” (Djemaa el-Fna ), einer der größten Garküchen der Arabischen Welt, war zur Fuß (wie sonst?) in ca. 20 Minuten erreichbar, aber nur, wenn man den Weg genau kennt.
Und da fangen die Probleme an.
Ein “Stadtplan” ist hier eher ein unnötiges Requisit, denn wenn man mit einem Plan planlos in der Hand herumirrt, z.B. am ersten Tag, ist dies ein Zeichen für geschickte Einheimische, oftmals Kinder, dass ein Opfer naht.
Die männlichen Jugendlichen sehen alle gleich aus, leicht dunkle Haut, dunkelbraune Augen, Segelohren und kurz geschorene Haare – bei einer Identifizierung wäre man aufgeschmissen.
Wenn nämlich diese jungen Geschöpfe merken, dass man etwas sucht, kommen sie sofort näher und versuchen als erstes herauszubekommen, welche Sprache man spricht oder woher man kommt – sie beherrschen Englisch, Französisch und teilweise auch Deutsch, und dies gar nicht so schlecht.
Sie bieten sich als “Führer” an und am Anfang glaubt man dies auch noch – nur wollen sie einen nicht an das gewünschte Ziel führen, sondern “arbeiten” mit anderen zusammen, die irgendetwas in der Nähe betreiben – Gastronomie, Shops oder ähnliches, die auf Touristen angewiesen sind.
Das heißt, man will geschickt sein Opfer hier hineinlocken, und nicht zu dem von ihm gewünschten Ziel, ganz schön clever und dreist.
Dies ist allerdings nicht alles, was einem in dieser lebendigen Metropole passieren kann.
Wenn man verzweifelt (in den Abendstunden) den Weg zu seinem rettenden Riad sucht, hat man immer die “Blagen” hinter sich, die versuchen zu erfragen, in welchem Riad man wohnt.
Wenn man es dann unter deren Führung mit klopfendem Herzen erreicht hat, will man natürlich Geld dafür…
Was eine noch geschicktere Variante ist, ist das “Dazwischenschummeln”.
Wenn man sich vom Hotel zu einem nahe liegenden Abfahrplatz für Sammeltaxis begibt, um eine externe Sehenswürdigkeit aufzusuchen, wird man schnell angesprochen, wo man denn hinwolle und dann tut derjenige so, als wenn er der Fahrer des Taxis wäre und dass er die Aufgabe habe, einen abzuholen und zum Sammeltaxi zu bringen.
Am Platz zeigt sich schnell, dass derjenige gar nichts mit dem Sammeltaxi oder dem Betreiber zu tun hat, sondern sich nur dafür ausgegeben hat, und dreist die Hand aufhält.
Der Jemaa el-Fna (“Platz der Gehängten”) ist das Handels- und Chaos-Zentrum Marrakeschs.
Es wimmelt nur so von Händlern, Schlangenbeschwörer, Wahrsager, Schuhputzer, Zauberkünstler, Akrobaten und unzähligen mehr.
Nun versucht man einen Trick, der auch meistens bei Touristen klappt. Man hängt zum Beispiel dem Opfer einfach eine Schlange um den Hals, ohne dass man dieses gewünscht hat, und will ihn (mit seinem Apparat) als schöne Erinnerung fotografieren.
Wenn das geschehen, dann geht es ans Bezahlen – man steht leicht geschockt da, weil man ja gar nichts von der eigenen Seite wollte, sondern einem die Schlange einfach um den Hals gelegt worden ist.
Aus Anstand (oder Verzweiflung) drückt man denjenigen den gewünschten Geldschein in die Hand und zieht erleichtert von dannen.
Genauso ist es mit den als Wasserverkäufern getarnten bunt gekleideten Herren mit großen Hüten.
Wenn sich z.B. ein Ehepaar nähert, setzt einer der nichtsahnenden Frau seinen Riese-Hut auf und die anderen stellen sich schön für ein Foto in Pose neben die Dame.
Ist ja für ein Erinnerungsfoto noch ganz lustig, doch dann kommt natürlich für das Aufsetzen des Hutes die “Rechnung”…
Der Trick ist also der, dass man etwas bekommt, ohne dass man es wollte und dafür bezahlen muss, was die meisten auch tun.
Die oftmals recht traurig reinblickenden kleinen Jungens mit einem Tablett voll Plätzchen in der Hand, lassen das Herz einer jeden älteren Dame weich werden, die dann auch ein Plätzchen kauft.
Hierbei werden natürlich die Plätzchen nicht aus Spaß verkauft, sondern man ist darauf angewiesen.
Tut einen ja auch Leid, aber wenn man hier jedem helfen will, steht man schnell selber hier und verkauft Plätzchen.
Der Trubel in den Souks ist kaum beschreibbar.
Hier wird (fast) alles angeboten, nur ist es kaum möglich stehen zu bleiben, ohne dass man die Gefahr eingeht, in den jeweiligen Shop hineingelockt zu werden und dies schon oftmals sehr aufdringlich.
Dieses trübt ein wenig den Aufenthalt, denn wir als Deutsche sind es ja gewöhnt, zu bummeln und sich alles in Ruhe anzusehen.
Davon sollte man sich allerdings einen Aufenthalt in der Stadt der roten Mauern nicht verderben lassen – gut ist eben nur, dies vorher zu wissen, um nicht darauf hereinzufallen.
Da kann man nur eins sagen :
“Salem aleikum”
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*sh. Fotogalerie Marrakesch :