“Der Blick auf Cezanne und Picasso”
Da mein Besuch in AVIGNON 2014 (sh. “Operation AV”) ein Erfolg war und diese Stadt bei mir einen großen Eindruck hinterlassen hatte, tat ich das, was ich schon öfter getan haben.
Ich plante einen Besuch einer Stadt, die mit der ersten vergleichbar ist.
Nämlich AIX en PROVENCE süd-östlich von Avignon.
Alle Städte hier sind von Marseille gut mit Bus oder Bahn zu erreichen.
Bei einem Direktvergleich kommt Aix mit Avignon nicht mit, vor allem, was die Baudenkmäler und Kunstschätze betrifft.
Aber Aix sollte nur ein Teil dieses “Projektes” sein.
Das Atelier Paul Cezannes liegt leicht ausserhalb und es lohnt sich, es einmal aufzusuchen
… jetzt kommen wir der Sache schon näher.
Eines der Hauptmotive von Cezanne ist bekanntlich der Hausberg von Aix, nämlich der…
Montagne Sainte-Victoire
Die Landschaft zeigte sich in den Lektüren sehr reizvoll, ein Naturpark mit Stauseen, Gehöfte und Wandermöglichkeiten … also genau das richtige für mich.
Die Literatur gab einen ausgeschilderten Wanderweg an …, “tja, dann wollen we mal sehen”.
Das Hotel in Aix lag an der Nobelmeile Cour Mirabeau und war dementsprechend teuer.
Ich hatte alles in einer Route geplant.
Richtung Osten führt die D10, die sich durch den ganzen Naturpark Réserve Naturelle de Sainte-Victoire hinzieht.
Die erste Teilstrecke hatte ich mir ausgearbeitet bis zu einem Gehöft mit dem Namen LES CABASSOLS links der Straße und hatte seine 12 km, was ja kein Problem darstellt, Temperaturen wunderbar zwischen 24° und 26° Grad.
Die Südwand ist für den normalen Wanderer zu extrem, laut der Literatur stellt die Nordwand über den Weg GR9 keine Probleme dar.
Die Straße führt durch eine bizarre Felsenlandschaft mit Felder und Wiesen, der Punkt des Aufstiegs war nach 2 Stunden erreicht.
Schon von Weitem ist das 18 Meter hohe Bergkreuz zu erkennen, was auf Cezannes zahlreichen Bildern auch auf dem Gipfel thront.
Nach diesem eher kleinen “Spaziergang” kam die Stelle, die in der Literatur als Beginn des Aufstiegs empfohlen wurde.
Die Ausschilderung war eine rote und eine weiße Linie übereinander – doch wo waren die Wanderwege ?
Von Wegen konnte hier nicht die Rede sein, dadurch sollte man im Nachhinein gesehen den Aufstieg auf den ca. 1000 Meter hohen Berg nicht unterschätzen.
Die 2. Teiletappe hatte das Bergkloste LE PRIEURE zum Ziel.
Der Aufstieg war mühevoll, denn die “Wege” waren oftmals nur angedeutet und es bedarf schon etwas bergsteigerischem Können und natürlich Durchhaltevermögen, sowie dem richtigen Schuhwerk.
Der durch felsiges Gelände führende Aufstieg von 2,5 bis 3 Stunden bietet immer wieder traumhafte Ausblicke über die Provence und war dann auch in der Mittagszeit gepackt.
Das Kloster Le Prieuré ist nach einem verheerenden Brand 1989 wieder renoviert und ist ein zaubervolles Kloster, in dessen Innenhof auch ein Brunnen ist, was bei einem so teils kräfteraubenden Aufstieg schon eine Rettung ist.
Der Blick Richtung Süden zeigt eine steile Felswand, deshalb hatte ich (und andere sicher auch) verstandesgemäß natürlich den nördlichen Aufstieg gewählt.
Nach einer halbstündigen Verschnaufpause kam das “letzte Gefecht”.
Der Abschnitt zwischen Kloster und Bergkreuz (CROIX DE PROVENCE) ist zwar der kürzeste, aber auch der steilste, aber wenn man das Kloster gepackt hat, nimmt man den Rest auch.
Für das Bergkreuz sollte man sich schon eine halbe Stunde Zeit nehmen und erst einmal den Blick genießen.
Bei meinen Vorplanungen hatte ich den Bergkamm Richtung Osten mit eingeplant.
Das hatte auch seinen Grund, worauf ich später eingehen will.
Doch dann kam wieder das “Verstandesgemäße”, ich wollte mir aber ein paar gute Perspektiven (für meine Kamera) dann doch nicht entgehen lassen und setzte beim Abstieg im “jugendlichen Leichtsinn” noch meinen Weg auf dem Bergkamm Richtung Osten fort.
Denn hier hat man nicht nur einen guten Blick zum oben triumphierenden Kreuz, sondern auch auf den Stausee LAC DE BIMONT.
Da die Nachmittagsstunde bereits eingesetzt hatte und ich alles in einer Etappe machen wollte, handelte ich dann doch verstandesgemäß und entschied mich, den Abstieg über den GR9 anzutreten.
Hinterher erst habe ich herausgefunden, dass man, wenn man diesen Bergkamm weitergeht, auch auf der Straße D10 unterhalb des Stausees herauskommt.
Tja hinterher …
Der Abstieg war manchmal noch mühevoller als der Aufstieg und erst gegen 20:00 h war ich wieder unten am Les Cabassols-Gehöft.
Jetzt kam etwas, was mich schon oftmals in ein gewisses Gefühl versetzt hat, es ist nicht unbedingt der Überlebenstrieb, kommt dem aber in gewisser Art nahe.
Die 12 km zurück nach Aix waren fast ausschliesslich im Dunkeln zurückzulegen.
Es gab keine Straßenlaternen und keine Fusswege, das muss man ca. 2 Stunden einmal gemacht haben – einzelne Autos rechnen natürlich nicht in spät abendlicher Stunde mit einem Fussgänger auf der
Straße. Hinterher habe ich mir erst einmal eine kleine Taschenlampe gekauft – tja, hinterher.
Nach ca. 2 Stunden kam die Zivilisation – beginnende Bürgersteige, Straßenlaternen und Mülleimer …
Aix ist ja, wie viele andere Städte hier, nachtaktiv, das heisst, dass man hier auch des Nachts noch etwas Trinkbares und Essbares bekommen kann, zu dieser Uhrzeit ist die Cour Mirabeau noch reizvoller, als am Tag.
Doch ich hatte zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn mehr für Melancholie.
Am Hotel zeigte mein Schrittzähler 42,21 km, also knapp über Marathon, dieses kam aber nur zustande durch meinen nicht geplanten Abstecher auf den westlichen Bergkamm.
Apropos “Bergkamm” ist abschliessend zu sagen, dass ich den östlichen Bergkamm vorher nicht ohne Grund ausgewählt hatte, ihn dann vor Ort doch verstandesgemäß aufgab.
Schon 1973 interessierte ich mich mit 13 Jahre für Kunst, was bis heute auch so geblieben ist.
Und 1973 starb Picasso – genauso habe ich mich immer für Burgen und Kastelle begeistert.
Damals stand nämlich in der Zeitung :
“Picasso im Garten seines Schlosses in der Provence beerdigt”.
Das war natürlich etwas für einen 13jährigen, dass ein Künstler auf seinem Schloss beerdigt wird …
… dass ich dort einmal hin käme, habe ich damals natürlich nicht gedacht.
Wäre ich den Bergkamm gegangen, dann hätte ich einen wunderbaren, freien Blick auf das kastellartige Gebäude gehabt.
Wie man nun Picassos Kunst gegenüberstehen mag, ist Geschmackssache, dass er eine große Bedeutung für die Kunstgeschichte hatte, kann man ja nicht abstreiten.
Das kastellartige Gebäude (Château de Vauvenargues), was heute in der Hand der Nachfahren ist und demnach auch nicht besichtigt werden kann, liegt rechts der Straße von Aix kommend bei dem Dorf VAUVENARGUES.
Die Bewohner des kleinen Ortes protestierten gegen eine Öffnung für die Allgemeinheit, weil man fürchtete, dass zu viele Touristen dorthin strömen würden.
Also hat Picasso dort doch seine Ruhe nach seinem langen und abwechselungsreichen Leben gefunden.
Er schrieb an einen Bekannten, er habe sich Cezannes Blick zum Bergkreuz gekauft, dieser glaubte natürlich, er hätte das Bild gekauft, was ja gar nicht zu kaufen ist. Picasso meinte natürlich den Blick von den Zinnen des Kastells hoch zum Croix de Provence.
Zu dieser Besteigung und zu den Schöpfern großer Werke ist zu sagen, dass man nichts berechnen kann, ob beim Schaffen eines Kunstwerkes oder bei einer Bergbesteigung, es findet sich oft im Triebhaften .…
.… doch manchmal kommt dann doch das Verstandesgemäße, ob nun mit Picasso Schloss oder ohne.
Was lernen wir daraus :
“Die großen Ideen kommen aus dem Herzen
und nicht aus dem Kopf”
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*Fotos zum Hausberg in meiner Fotogalerie Frankreich :