“Wer ist die holde Schöne hinter der erstarrten Maske,
die in Venedig durch die Gassen wandelt?”
Der venezianische Karneval hat ja eine lange Tradition bis zurück in die Zeit der Serenissima – in dieser Zeit wurde auf eine Art gefeiert, die den Carnevale di Venezia von heute weit in den Schatten stellt.
Darstellungen mit exotischen Tieren, Zauberkünstler, Wettkämpfe, Feuerwerke, menschliche Pyramiden, Theater-Aufführungen, das Schlachten von Tieren, Marionetten-Theater, Astrologen … die Vielfalt kannte keine Grenzen.
Dies sollte dem Volk zeigen, wie gut es ihnen noch geht und sollte sie (genau wie heute) bei guter Laune halten.
Wenn man in die Geschichte zurückschaut, gab es schon immer ein dauerhaftes Auf und Ab, es kam und kommt natürlich auch auf die Geldgeber und die politische Situation an.
Wirtschaftlicher Niedergang und fehlende Gelder, ließen die Begeisterung und die Bombastizität des Karnevals sinken.
Die Behauptung, Napoleon habe 1797 den Karneval in Venedig verboten, sollte man nicht so ernst nehmen, dreckige Politik wurde schon immer gemacht…
Als nämlich Richard Wagner Mitte des 19. Jahrhunderts sechsmal in Venedig weilte, erwähnt er in verschiedenen umfangreichen Briefen an seine erste Frau und an seine geliebte Muse in der Schweiz (Mathilde Wesendonk) mehrfach den Trubel des Karnevals, oftmals aber eher negativ, weil er ja zum Schaffen seiner Werke eher die Ruhe suchte…
Venedig ist ja die lautloseste Stadt der Welt, aber eben nicht zum Karneval.
Wie dem auch sei, es gibt immer ein Auf und Ab, was ja auch von den Menschen selbst abhängt.
In der heutigen Zeit hat der Karneval allerdings nicht mehr viel mit dem historischen Karneval im früheren Venedig zu tun.
Weil Venedig (und ganz Italien) in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts immer mehr in den Blickwinkel des Massen-Tourismus kam, kann man ja schon erahnen, dass der Carnevale di Venezia in der heutigen Zeit ein reines Massen-Spektakel geworden ist.
Die sehr fantasiereich gestalteten Kostüme, und vor allem die Masken, wurden zu einem einträglichen Geschäft, da sie nicht nur in Venedig en masse verkauft werden, sondern auch in die ganze Welt geliefert werden.
Offiziell wird heute der Karneval 10 Tage vor Aschermittwoch in Venedig angegangen und mit dem sogenannten “Engelsflug” eröffnet – hier wird eine junge Frau mit Engelsflügeln als Ritual vom über 90 Meter hohen Campanile heruntergelassen.
Wenn man einen Besuch des Carnevale di Venezia angeht, sollte man sich über bestimmte Punkte vorher im Klaren sein.
Neben der “Goldenen Regeln” ist ja in diesen zweieinhalb Wochen Venedig ganz in der Hand des Karnevals.
Die Preise für Unterkünfte sind demnach wesentlich höher, als außerhalb der Karnevals-Zeit, genau wie die Preise für alles andere höher sind, als sonst.
Dass Venedig in dieser Zeit vollkommen überlaufen ist, kann sich jeder denken.
Die Hauptflut der Menschenmassen kommt nicht nur bei den Eröffnungstagen (“Engelsflug”), sondern auch beim Abschluss-Wochenende, wenn noch einmal die Scharen von Menschen über die Alpen strömen, um den Abschluss des Karnevals zu erleben.
Wer plant, mit der Kamera im Anschlag, an diesen Tagen gute Fotos zu schießen, muss bestimmte Dinge vorher überlegen.
Wenn man bedenkt, dass der Fantasienreichtum der Masken grenzenlos ist, muss man sich bei einem zweiwöchigen Aufenthalt darauf einstellen, dass man nicht unter 1.000 Fotos nach Hause geht.
Auch wenn bei meinem diesjährigen Aufenthalt 2016 das Wetter an den meisten Tagen nicht gut war, habe ich an den 4 Tagen die 400-Foto-Grenze überschritten.
Bei meinem ersten Aufenthalt im Jahre 2010 bin ich mit 600 Fotos von dannen gezogen.
Das Rahmenprogramm ist im Gegensatz zum historischen Karneval, in der heutigen Zeit ja noch recht spärlich, trotzdem wachte ich 2010 jeden Morgen in meinem Bett im Hotel auf und hatte lauter Konfetti um mich herum liegen.
Die Veranstaltungen bestehen hauptsächlich aus musikalischen Darbietungen oder Akrobaten, Seiltänzer, Feuerspucker und Feuerwerke.
Da ich bei beiden Aufenthalten nur 4–5 Tage da war, werden sicher noch einige Veranstaltungen dazu gekommen sein.
Doch nun zum Hauptsächlichen…
Die Masken, bzw. deren lebender “Inhalt”, kommen ja nicht aus Venedig, sondern hauptsächlich aus Frankreich, England und auch aus Deutschland.
Was man an Leben sieht, sind ja nur die Augen.
Es kann also durchaus sein, dass morgens ganz jemand anderes in derselben Maske steckt, wie nachmittags.
Da es ja noch andere Karneval-Veranstaltungen gibt, sieht man auf Fotos auch Masken, die man schon einmal in Venedig gesehen hat.
Es sind oftmals wirkliche Liebhaber des Ganzen, denn man muss sich einmal vergegenwärtigen, dass die Kostümierung bei vielen fantasiereichen Masken, sicher die 5.000€-Grenze überschreitet.
Dadurch wird man bei schlechtem Wetter auch kaum Masken antreffen, höchstens den “Inhalt” der Maske, allerdings ohne Maske, weil die Kostüme zu wertvoll sind, im Regen beschmutzt zu werden.
Außerdem hat jede Maske einen Namen und man kann auch um eine Visitenkarte bitten oder freundlich fragen.
Der Ablauf ist ja tagtäglich fast derselbe.
Die in den normalen Hotels wohnenden Masken (bzw. deren “Inhalt”), verteilen sich vormittags langsam über die ganze “Stadt”.
Wenn man also Glück hat und sich ein bisschen Mühe gibt, kann es durchaus sein, dass man eine Maske an einem ruhigen Ort oder auf einem kleinen Platz (Campiello) alleine trifft.
Denn das Hauptproblem für alle Fotografen ist natürlich der überhand genommene Tourismus.
Viele Besucher versuchen sich mit einer Maske fotografieren zu lassen.
Man kommt also oftmals gar nicht an die Maske heran, um diese ohne Menschenmassen fotografieren zu können.
Jetzt gibt es wie immer gewisse Tricks.…
* weitere Fotos vom Karneval in Venedig in meiner Bildergalerie Italien :