Von einem, der da war und einem, der nicht da war
Mitte des 18 Jahrhunderts war das Rauchen von Opium sehr aktuell und beliebt, es gab auch keine oder wenige gesetzliche Einschränkungen oder Verbote.
Neben dem Einsatz als Schmerz- und Schlafmittel spürte man nach kurzem Konsum auch seine rauschbringende Wirkung.
Man merkte im frühen Stadium bei Personen, die Opium konsumierten, eine gesteigerte Arbeitsbereitschaft und eine Veränderung des Gemütszustandes.
Was soll daran negativ sein (?) – im Gegenteil.
Man wusste damals allerdings noch nichts von den gesundheitlichen Folgeschäden.
Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Apathie, Muskelschmerzen, Atemlähmungen oftmals mit Todesfolge … ganz zu schweigen von starken Suchterscheinungen.
Da sieht die ganze Sache schon anders aus.
Deshalb fällt Opium unter das Betäubungsmittelgesetz, d.h. dass der Vertrieb heute illegal ist.
Dies treibt natürlich den Preis auf dem Schwarzmarkt in die Höhe und das Geschäft blüht. Produktionsländer und Anbau gibt es vor allem in Mittel-Amerika, im Nahen Osten, der Türkei und Vietnam, Thailand etc.
Höchstens als gesundheitliches Heilmittel zur Unterdrückung von starken Schmerzen kann es in Ausnahmefällen noch ärztlich verschrieben werden.
Die Wirkung hält meistens mehrere Stunden an und der Konsum hat entspannt-hypnotische oder narkoseähnliche Zustände als Folge, negative Gefühle werden automatisch ausgegrenzt und es wirkt stark betäubend und beruhigend.
Entspannte Euphorie und Hochstimmung nehmen zu.
Die negativen Langzeitschäden lassen auch durch den Suchtfaktor jedem klar werden, dass die ganze Euphorie bald ein Ende hat, von kontinuierlichen finanziellen Ausgaben ganz zu schweigen, denn es kommt schnell der unüberwindliche Wunsch nach der nächsten Pfeife.
Opiumhöhlen
Was sind Opiumhöhlen ?
Opiumhöhlen waren Mitte des 18. Jahrhunderts eine Art Rauchsalon, die je nach Klasse (und Kasse) oftmals sehr dezent und geschmackvoll eingerichtet sein konnten.
Kam ganz drauf an, wieviel man für so ein Etablissement investieren wollte.
Es gab für jeden Gast einen extra Platz in Form einer Liege, ausgestattet mit Opiumpfeifen und Opiumlampen nebst anderen Utensilien.
Man konnte also in romantischer Atmosphäre alles genießen, erinnert so ein bisschen an ein Nobel-Bordell in einem gehobenen Stadtteil.
Von einem größeren Raum ging es (wie bei einem Swingerclub) in einzelne kleinere kammerähnliche Räumlichkeiten.
Man wollte natürlich den Zustand durch die Ausgestaltung der Räumlichkeiten steigern und den Kunden binden. In Form eines Zeremoniells wurde schon im Vorfeld die Stätte aufgeräumt und hergerichtet, wenn mehrere Personen zusammen waren (bzw. ‑lagen) sollte die Unterhaltung ab einen gewissen Zeitpunkt eingestellt werden.
Man konnte es sich also richtig gemütlich machen, um dem Genuss die Tür zu öffnen, so eine Art Flucht aus dem Alltag und der Realität.

Aber warum Höhlen ?
Diese “Rauchsalons” lagen meistens tief unter der Erde, man ging also von der Straßen erst einmal mehrere Stufen herunter, außerdem gaben die einzelnen Kabinen auch den Eindruck einer Höhle – quasi einer Suchthöhle.
Von China und Indien kam das ganze auch nach Europa, nach London, Amsterdam, Istanbul, in französische Hafenstädte und auch in die USA.
Händler und Matrosen brachten Opium in die Hafenstädte des Westens, wodurch auch immer mehr Europäer Gefallen an sogenannten Opiumhöhlen fanden.
Oftmals finden sich in Berichten und Bildern früher Jahre aus Opiumhöhlen etwas im wahrsten Sinne “Rauschhaftes” und Abenteuerliches, was eher wie ein Wunschdenken erscheint – das Delirium, die Halluzinationen, der Wahn, die Sucht und die gesundheitliche Folgeschäden bleiben eher draußen vor.
Aber eins ist sicher, das Faszinosum von solchen Opiumhöhlen bleibt.

Strengere Gesetze ließen Opiumhöhlen nach für nach verschwinden und ab einem gewissen Zeitpunkt war es immer schwierigen seine Last auszuleben.
Da haben es Bordelle einfacher, denn die gab es ja schon immer und wird es auch immer geben, auch hier kann man seine Lust und Begierde freien Lauf lassen.
Als solches gesehen waren Opiumhöhlen ja für verschiedene Personenkreise sehr gut und dadurch auch beliebt, für Künstler und Intellektuelle, genau wie für Ärmere und Arbeiter, um dem Stress des Alltags zu entfliehen.
Wenn man dieses bedenkt, ist es allerdings fragwürdig, warum es keine Opiumhöhlen mehr gibt, der Ausschank von Alkohol allerdings erlaubt ist (?)
Osmanisches Reich
Im Osmanischen Reich wurde Opium auch als Konsummittel sehr geschätzt und angebaut, sodass es zu den wichtigsten Exportgütern des Reiches zählte.
Es wurde sogar eine anatolische Stadt nach Opium (türkisch : „Afyon“) benannt.
Heute heisst die Stadt Afyonkarahisar, das Gebiet um sie herum war früher das wichtigste Anbaugebiet für Opium.

Istanbul war ja damals im Osmanischen Reich das Zentrum an sich.
Demgemäß verfügte Istanbul auch über eine große Anzahl von Opiumhöhlen.
Opium war damals nicht nur Teil des Palastlebens, sondern wurde auch legal in Istanbuler Kaffeehäuser konsumiert.
Die meisten dieser Kaffeehäuser in Istanbul befanden sich im Stadtteil Eminönü in unmittelbarer Nähe zur Süleymaniye-Moschee.
Istanbul 1993
Als ich im Jahre 1993 noch in junger Blüte im 33. Lebensjahr einen 8tägigen Trip nach Istanbul unternahm, lag mein Quartier im besagten Stadtteil Eminönü westlich vom Goldenen Horn im europäischen Teil der Metropole.
Von der Ordu Cadessi aus lag mein Hotel die erste oder zweite Straße rechts ab bzw. hoch, denn in Istanbul gibt es ja viele Hügel.
Des Morgens kläffte immer ein Hund so laut, dass ich schon früh erwachte, der Lärm der großen Ordu Cad. war zu dem Zeitpunkt noch minimal und wurde durch den Köter an Lautstärke übertroffen.
Vieles gerät natürlich nach so langen Jahren in Vergessenheit, allerdings kann ich mich an einiges erinnern, aber dass ich dort in einer Opiumhöhle war oder eine gesehen hätte, das ist mir nicht im Gedächtnis.
Sicher gab es zu dem Zeitpunkt (1993) dort genau wie heute keine Opiumhöhlen mehr, obwohl es ja wie gesagt der Stadtteil ist/war, wo es die meisten Opiumhöhlen in frühen Jahren des Osmanischen Reiches gegeben hat.
Allerdings führt die Türkei bis heute die legale Opiumproduktion an – neben nur fünf weiteren Ländern, die die Subtanz legal produzieren dürfen.
Leider hatte ich zu dem Zeitpunkt (1993) noch nicht meine “Leidenschaft” für die Fotografie entdeckt und hatte somit noch keine Kamera.
Nur mit einem damals üblichen Falk-Plan durchkreuzte ich diese Riesen-Metropole.
Nur eines ist klar, ich war da, ob mit Kamera oder ohne.


Nur ein anderer Herr war nicht da und erzählt davon rauschhaft und bildhaft.
Seine Werke erreichen über 200 Millionen an Auflage und sind in 46 Sprachen übersetzt, sodass sie weltweit gelesen werden und eine ungeheure Anhängerschaft haben.
Und dieser Herr ist KARL MAY (1842–1912).
Im dritten Band seines sogenannten Orientzyklusses im Band “Von Bagdad nach Stambul” besuchen seine beiden Helden Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar auch Stambul (früher Konstantinopel).

Obwohl Karl May im Gegensatz zu mir, überhaupt nicht dort war, beschreibt er das Treiben des Lasters in einer Opiumhöhle sehr plastisch und nachvollziehbar.
“Ohne sich in dem vorderen Raum aufzuhalten, führte mich der Barbier in ein hinteres Gemach, wo man Kartenspiele machte und Opium rauchte.
Die Raucher lagen in den verschiedensten Zuständen auf einem langen, schmalen Strohpolster, das sich an zwei Wänden des Zimmers hinzog.
Da war ein alter Kerl eben beschäftigt, das Gift in Brand zu setzen.
Seine skelettierte Gestalt hatte sich vor Begierde aufgerichtet ; seine Augen sonst erloschen, funkelten vor Verlangen und seine Hände zitterten.
Er machte einen abscheulichen Eindruck auf mich.
Daneben lag ein junger, kaum zwanzigjähriger Bursche im Betäubungstraum ; er lächelte, als befinde er sich im siebten Himmel Mohammeds ; auch er war bereits dem Teufel des Opiums verfallen, der keinen wieder aus seinen Krallen läßt.
In seiner Nähe wand sich ein langer, hagerer Dalmatiener im Höchstand des Rausches, und unweit davon grinste die widerliche Fratze eines verkommenen Derwischs, der sein Kloster verlassen und diese Höhle aufgesucht hatte, um seine Lebenskraft den wahnsinnigen Bildern der trügerischen Narkose zu opfern.”
(Karl May, Von Bagdad nach Stambul, Seite 289)
Es ist schon toll, wie Karl May, der ja für solche Abenteuer berühmt ist, die Szenerie in einer damaligen Opiumhöhle in Stambul (Abkürzung von Istanbul) plastisch oft schon poetisch darzustellen in der Lage ist, obwohl er nie vor Ort war.

Neben dem Wissen über die Materie, hatte Karl May natürlich eines, und zwar Fantasie und zählt noch heute eine Verehrerschaft von Millionen Lesern nicht nur im pubertierenden Alter, sondern auch bis ins hohe Alter hinein.
Es ist natürlich die Frage, ob Karl May seine Schilderungen unter dem Genuss von Opium so verfasst hätte, ob seine Bücher dann genauso gelesen würden, bleibt dahingestellt.

*Bild Deckblatt entnommen aus renk-magazin
(“Opiumhöhlen im Osmanischen Reich”)
renk. e.V.
c/o Liebenwalder Straße 1
13347 Berlin
Bilder hauptsächlich entnommen aus :
renk-magazin.de/opium-im-osmanischen-reich/
www.meer.com/de/11268-opiumhoehlen