Park an der Ilm Weimar (2003/​2018)

                            “Die grüne Lunge Weimars”

Der Park an der Ilm mit seinen 48 Hektar Größe zieht sich kilo­me­ter­lang als eine Art Landschaftspark am Rand der Altstadt von Weimar entlang dem Flüsschen Ilm.  
Er erstreckt sich im Süden von Oberweimar bis hin zum Stadt-​Schloss und zur Anna-​Amalia-​Bibliothek Richtung Norden leicht östlich zur Weimarer Altstadt.
Bei dem Park loka­li­siert man den Zeitraum der Entstehung in die Epoche zwischen 1778 bis 1828.
Soweit schon einmal ein paar Zahlen und Fakten.


Pere Lachaise Paris

Wenn es um die Maß-​Einheit Hektar (ha) geht, erin­nert mich diese immer an meine frühe Paris-Begeisterung in jungen Jahren, denn hier blieb der Hektar dadurch haften, weil nämlich der Friedhof Pere Lachaise im Osten von Paris seine 44 Hektar misst.
Wenn man in der Schule aufge­passt hat, weiß man, dass ein Hektar (ha) 10.000 Quadratmeter sind – Pere Lachaise also sage und schreibe 440.000 Quadratmeter umfasst.
Diese sind ja dort auch nötig, bei den ganzen großen Geistern, die dort beer­digt worden sind, die brau­chen schon etwas mehr Platz.

Allerdings bleibt der Pariser Friedhof hinter dem Weimarer Park zurück, obwohl ja hier gar keine großen Geister beer­digt worden sind, nämlich genau 40.000 Quadratmeter, schon eine ganze Menge.
Der Vergleich mit Pere Lachaise ist gar nicht so abwegig, da Pere Lachaise auch eher ein Park ist, als ein Friedhof und weil man dort auch von Erleben und Entdecken ohne Ende reden kann.
Soweit aber genug des Vergleichens von Parks mit Friedhöfen und großen Geistern.

… gut zu sich­tende Sichtachsen

Der Weimarer Park ist aller­dings wesent­lich mehr, als nur ein normaler Stadtpark.
Er weist schon von der Struktur her sowohl klas­si­sche, wie auch nachklassisch-​romantische Züge auf (was immer man darunter verstehen mag).

Wenn einem aber bewusst wird, dass der Park an der Ilm eng mit dem Leben und Wirken des großen Dichterfürsten J.W.v.Goethe verbunden ist, wird einem schon nach eine paar hundert Metern das Besondere dieses Parkes bewusst.

Schleichwege

Um wieder ein paar Zahlen zu nennen, sei zur Entstehung des Parkes zu erwähnen, dass der Herzog Carl August von Sachsen-​Weimar-​Eisenach dem Dichter Goethe ein Häuschen mit Garten im Jahre 1776 schenkte.
Heute ist es allseits bekannt unter dem Namen “Goethe Gartenhaus” (sh.unten).

Das Goethe Gartenhaus

Die ersten Bauarbeiten am Park, wie Plätze und Bauten, entstanden im Jahre 1778. In den darauf folgenden Jahren wurden Wege, kleine Brücken, felsige Durchgänge, kleine Höhlen und Höhlen-​Eingänge, Sitzplätze und Teil-​Ruinen errichtet. 

Felsige Durchgänge

Es folgten Denkmäler, die geschickt in die Park-​Architektur inte­griert wurden, um somit den Rahmen eines normalen Parks zu sprengen.


Shakespeare-​Denkmal

Ein gutes Beispiel ist das dem engli­schen Dramatiker und Lyriker
William Shakespeare gewid­mete Denkmal, das (angeb­lich) einzige
Shakespeare-Denkmal auf euro­päi­schen Festland.  
Die Platzierung in Weimar im Jahre 1904 lässt die Interpretation zu, dass die Stadt der beiden größten deut­schen Dichter, nämlich Goethe und Schiller, Shakespeare als Vordenker und Vorbild für beide Dichter, auch ein Denkmal setzen wollte, wo ja ganz Weimar mit Erinnerungen an Goethe und Schiller über­häuft ist.

Ein weiteres Goethe-Denkmal im Park an der Ilm hätte den Rahmen gesprengt, da kam man auf die Idee, einfach dem “Vordenker” Shakespeare ein Denkmal zu setzen und somit indi­rekt Goethe und Schiller damit zu verehren. Keine schlechte Idee…

Shakespeare-​Denkmal im Park an der Ilm

Shakespeare zeigt sich hier leicht zur Seite geneigt auf einem Marmorblock sitzend mit seinem linken Fuß auf einem mit einem “Narren-​Hut” geschmückten Totenkopf, der auf einem Kranz mit Eichenlaub ruht.
Es soll ein Mittelding zwischen Humor und Melancholie sein – eine viel­leicht alle­go­risch nicht abwe­gige Deutung der verwen­deten Elemente von lyri­scher Tragödie und Drama.

… to be or not to be

Das weitaus Interessantere an diesem Denkmal ist aller­dings seine Positionierung.
Das Shakespeare-Denkmal ist nämlich geschickt auf einem leicht erhöhten Plateau vor einer künst­li­chen mit Efeu über­wach­senen Ruine plat­ziert und aus weißem Carrara-Marmor, was dem Italienfreund Goethe bestimmt gefallen hätte.

… geschickte Platzierung

Also quasi eine gute Fusion des Dramatisch-​Poetischen in die Natur mit dem Verfall des Menschlichen im Hintergrunde – da kann man natür­lich seiner philo­so­phi­schen Ader freien Lauf lassen.

Shakespeare unter Blättern


Erlebnis- und Entdeckungspark

Man kann den Park a.d. Ilm schon als Vorläufer heutiger “Erlebnisparks” deuten, da man hier an vielen nicht­ahn­baren Stellen gewisse Überraschungen erleben, bzw. entde­cken kann.

… sieh an, eine Sichtachse

Wenn man nun mit offenen Auge durch diesen Park schreitet, erkennt man unschwer gewisse soge­nannte “Sichtachsen”.
Dieses hat man äußerst geschickt für den Besucher sichtbar gemacht, in dem man im Boden kreis­runde Markierungen mit einen Pfeil einge­lassen hat mit dem Hinweis, “… so…, bitte Mal hier hinstellen und dann hoch schauen in die Richtung des Pfeiles”.
Dann staunt man nicht schlecht, wenn sich einem so eine “Sichtachse” vor dem Auge offenbart.

Brücken-​Blick

So werden die markanten Punkte wie Goethes Gartenhaus, das Römische Haus und das Borkenhäuschen inner­halb des Parks mitein­ander verknüpft, aber auch Beziehungen zur Umgebung herstellen.
Gute Ideen sind immer gefragt.

Das Gartenhaus des Dichter-Fürsten


Goethe Gartenhaus

Das bereits oben erwähnte Gartenhaus Goethes am Osthang des Parks bekam Goethe ja als Wohn- und Arbeitsstätte 1776 geschenkt.
Es bildet heute nicht nur einen Teil der Gesamtkomposition des Parks, sondern schon so eine Art “Herz” des Ganzen und gehört garan­tiert zu den meist foto­gra­fier­testen Häusern in Deutschland.
Hier sollte Goethe seine Ruhe und Muße finden, seine Werke zu verfassen und zu voll­enden, was ja viele Künstler als Flucht aus der Hektik des Tagesgeschehens brauchen.

Liebe zu Farben

Wenn man die einfache und beschei­dene Innen-​Ausstattung der Zimmer vor Augen hat, erkennt man doch schnell Goethes Liebe zu Farben und antiken Skulpturen.
Genau wie in seinem Haus am Frauenplan werden markante Farbtöne wie Ockergelb, Taubenblau und Türkis verwandt, von denen sich die weißen Marmor-​Büsten und Skulpturen gut abheben und eine gewisse klas­si­sche Atmosphäre entstehen lassen.

Pult mit Sitzkissen

Am Rande erwähnt, hatte Goethe ja auch einen Hang zum Orientalischen, was man in dem umfang­rei­chen Gedichtband “West-​östlicher Divan” erkennen kann.
Dieses 600 Seiten umfas­sende Werk bestellte ich mir kurz nach meiner Rückkehr aus Weimar und werde sicher noch einige Wochen daran zu studieren haben.

West-​östlicher Divan

An der Erneuerung der beim Erwerb des Hauses leicht herun­ter­ge­kom­menen Innen- und Außen-​Ausstattung des Hauses, legte der Dichter mit viel Liebe selbst Hand an.
Goethe soll in den Jahren dieses Kleinod immer wieder gerne aufge­sucht und bewohnt haben, auch wenn sein eigent­li­cher Sitz das Goethehaus am Frauenplan wurde, blieb das Gartenhaus bis zu seinem Tode sein Lieblingsaufenthaltsort.

Stein des guten Glücks

Goethe hatte ja, wie bekannt, einen Hang zur Natur und Flora, und gestal­tete hier seinen Garten mit  garten­künst­le­ri­schen Feinsinn zu einem Nutzgarten um.
Heute ist es aller­dings nur noch ein Garten für die Augen der zahl­rei­chen Besucher.
Am Ende des sich nach Norden hin stre­ckenden Gartens steht der soge­nannte “Stein des guten Glücks”.
Hierbei handelt es sich um eine Art Denkmal, das Goethe errichten ließ, es zeigt eine auf einem Kubus ruhende Kugel.
Hierbei kann man natür­lich der Phantasie der Interpretation freien Lauf lassen.

Am sinn­vollsten halte ich die Symbolik, dass nämlich der Kubus so eine Art Festigkeit und Beständigkeit darstellt, während die Kugel das Schwankende und Unbeständige symbolisiert.
Durch die Kombination beider Elemente wird quasi das “Schwankende” der Kugel vom “Stabilen” des Kubus zur Ruhe gebracht.
Man kann es dahin­ge­hend auslegen, dass Goethe hier das Glück am eigenen Haus und Garten zum Ausdruck bringen wollte.
Dieser “Stein des guten Glücks” war (zu dama­liger Zeit) eines der wenigen nicht­fi­gür­li­chen Denkmäler in Deutschland.

Überraschungen

Des Weiteren findet man im Park an der Ilm eine große Anzahl von    “Elementen”, die man in einem normalen Park nur schwer findet, also quasi Überraschungen.

Die soge­nannte Parkhöhle ist ein System von Stollen und Strecken, die 12 Meter unter der Erde sich unter dem Park erstreckt.
Höhlen und grot­ten­ähn­liche Eingänge findet man immer wieder in diesem “Erlebnispark”.

Höhleneingänge

Über dem Eingang zu einer Art blinden Stollen, befindet sich das soge­nannte “Löwenkämpfer-​Portal”, dieser Stolleneingang hat ausschließ­lich park­ge­stal­te­ri­sche Zwecke zu erfüllen.
Das Relief über dem Eingang zeigt wiederum die Phantasie einer garten­künst­le­ri­schen Gestaltung – es zeigt den Kampf des Herakles mit dem Nemeischen Löwen.

Löwenkämpfer-​Portal

Eine weitere “Überraschung” ist der soge­nannte Schlangenstein” (oftmals fälsch­lich als “Schlangensäule” inter­pre­tiert) am west­li­chen Ilmsteinufer.
Diese Skulptur ist eine Kopie und stellt eine sich um eine Säule windende Schlange dar, die oben auf in ein Opferbrot beißt.
Die Schlange als  Symbol der Fruchtbarkeit durch ihr aufwärts­ge­rich­tetes Winden um die Säule, weist auf die Kraft der Natur hin, die Inschrift “Genio huius loci – Dem Geist dieses Ortes”  lenkt auf die harmo­ni­sche Verbindung von Geist, Natur, Literatur und Kunst hin.

Genio huius loci – Dem Geist dieses Ortes

Wiederum ist dieses Objekt zu Ehren Goethes durch den Auftrag des Herzogs Carl August nach antikem römi­schen Vorbild ange­fer­tigt und aufge­stellt worden.

Der Dessauer Stein

Eine weitere “Überraschung” ist der soge­nannte “Dessauer Stein”. Diese aus mehreren Steinen geformte “Natur-​Skulptur” von 1782 ist zum Tode des Fürsten Franz von Anhalt-​Dessau errichtet worden und hat eine Tafel mit der Aufschrift “Francisco Dessauiae Principi”, was soviel heißt, wie “Dem Fürsten Franz von Dessau”.

Tempelherrenhaus

Ein weiteres Objekt fürs Auge (und die Kamera) ist die Ruine des soge­nannten “Tempelherrenhauses”, ein im 18. Jhrt. aus einer Orangerie hervor­ge­gan­gener Veranstaltungsort, der nur noch als Ruine erhalten ist, sich aber trotzdem gut in die Gesamt-​Struktur des Parks einpasst.

… nur noch Ruine

Von Zeit zu Zeit trifft man beim Wandeln durch den Park auch ohne Schwierigkeiten auf Belehrungen und hoff­nungs­ge­bende Zitate und Sprüche, die zum Verweilen einladen.

Hoffnungsgebende Sprüche


Römisches Haus

Das “Römische Haus” ist ein Gebäude am Rand des Parks, was zwischen 1791 und 1798 unter der Leitung von Goethe als Gartenhaus für den dama­ligen Herzog Carl August von Sachsen-​Weimar und Eisenach erbaut worden ist.

Fast wie ein römi­scher Tempel

Der Eingangsbereich hat eine vier­säu­ligen ioni­schen Vorhalle und von der Ilmaue aus blickt man auf einen rusti­zierten Unterbau, dessen Halle von massiven dori­schen Säulen getragen wird.
Architektonisch ist seine Anlehnung an einen römi­schen Tempel nicht von der Hand zu weisen, diese Ideen brachte Goethe von seiner Italienreise mit.
Es ergibt sich auch oftmals der Eindruck, als sei es als Tempel auf den Ruinen eines antiken Bauwerks errichtet worden, vor allem, wenn man die Perspektive von unten zum Himmel hoch wählt.

Hanglage

Durch die Hanglage mit Blick nach Osten bietet sich Platz für einen kleinen Brunnen, der über­dacht ist – diese Überdachung wird von dori­schen Säulen getragen.

Interessanter Blick (zu Goethe)

Wiederum bietet sich von hier eine inter­es­sante “Sichtachse” bis zu Goethes Gartenhaus.
Das Römische Haus beher­bergt nach langer Geschichte in der heutigen Zeit ein Museum. Von weit her gesehen, gibt es der Parkanlage schon einen antiken Charakter, war in frühen Jahren Nutzbau und beinhaltet heute eine Dauerausstellung.

Franz Liszt-​Denkmal

Ein weiteres Denkmal nahe dem Shakespeare-Denkmal stehend, ist das Franz-Liszt-​Denkmal.

Liszt-​Denkmal im Park an der Ilm

Am Westrand des Parks liegt auch das ehema­lige Wohnhaus des großen Komponisten, Dirigenten und Pianisten Franz Liszt, der hier in den Jahren 1869 bis 1886 wohnte.

… aber nur im Sommer da

Dieses Gebäude ist auch ein gelun­gener Teil der “Weimarer Klassik”.
Der Herzog Carl Alexander stellte 1869 Franz Liszt die obere Etage des Gebäudes zur Verfügung, in der der Komponist bis zu seinem Tod 1886 jähr­lich mehrere Monate weilte.

Wohn- und Wirkungsort von Franz Liszt

Auf Einladung des Großherzogs begann hier für Liszt sein zweiter             Weimar-Aufenthalt.
Die komfor­tabel ausge­stat­tete Wohnung nutze Liszt nur in den Sommermonaten, da er sonst in Rom oder Budapest weilte
.
Hier in Weimar konnte er seine Tätigkeit als Lehrmeister bekleiden und unter­rich­tete in seinem Wohnhaus junge und begabte Pianisten.

Blick in den zentrale Musiksalon (spie­gel­ver­kehrt)

Die heutige Memorialstätte zeigt Wohn- und Arbeitszimmer als zentralen Salon und blieb in der  ursprüng­li­chen Einrichtung erhalten, Schlaf- und Speisezimmer wurden später rekonstruiert.

Wer unver­gessen, ist nicht tot

Das Gebäude liegt zwar nicht direkt im Park, ist aber auch wegen dem Denkmal mit in die Park-​Konstruktion eindenkbar.

Angrenzender Garten

Es hat auch einen kleinen anlie­genden Garten, der auch lohnt ins Visier der Kamera genommen zu werden, wie man im unten zu sehenden Foto unschwer erkennen kann.

… im Visier meiner Kamera

Dieses ist bereits das dritte Liszt-Museum neben Budapest und Bayreuth, was ich aus Verehrung für Liszt und dessen Werk und für den Schwiegervater Richard Wagners besucht habe.

Resümee :

Der Park an der Ilm in Weimar ist auf keine Fall als ein normaler Stadtpark zu sehen und einzuordnen.
Er ist nicht nur von seiner Struktur her, sondern auch von seiner lang­jäh­rigen Geschichte ein Werk, was man nicht an einem Tag erfassen kann.
Es beinhaltet schon fast wie ein Zaubergarten, viele Dinge, die man in einem normalen “Stadtpark” nicht findet, wie zum Beispiel Denkmäler, Grotten, über­wach­sene Ruinen, Teile alter Gebäude, tempel­ar­tige Wohnstätten, Säulen, Durchgänge, Reliefs, in den Felsen einge­las­sene Zitate und Memorial-Stätten.
Dies alles macht den Reiz dieses park­ähn­li­chen “Gesamtwerkes” aus.


Nachtrag
 :

Mein erster Besuch in Weimar im Jahre 2003 ließ mich am Römischen Haus noch leicht skep­tisch wirken…

…noch leicht skep­tisch (2003)

…was 15 Jahre später im Jahre 2018 dann doch über­wunden zu sein schien.

…dann doch begeis­tert (2018)

Dass zwischen den beiden Aufenthalten 15 Jahre (!) liegen, zeigt, wie schnell die Zeit vergeht, auch im Park an der Ilm im Musensitz Weimar.

Was lernen wir daraus :

           “Fantasie ist wich­tiger als Wissen,
                                        denn Wissen ist begrenzt”

                                                                                                                                         *Weimarer Klassik (https://www.klassik-stiftung.de)

 

(HerrRothBesucht/​​Sonstiges)

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