Verona bei Nacht (Okt. 2017)

Ja, glühend, wie des Südens Hauch,
brennt mir die Flamme in der Brust,
verzehrt mich auch die wilde Glut,
genieß ich doch die heiße Lust.”
(Richard Wagner, “Das Liebesverbot”, 3. Act)

                               “Heiß – Feucht – Hart”

Woran denkt man bei diesen drei Worten ?
Da braucht man nicht viel Fantasie zu haben, klingt schon leicht nach einem Porno – und was hat das mit Verona zu tun ?
Einiges, denn Verona ist ja das Zentrum der Lust, bzw. der Liebe.
Was Lust und Liebe bedeutet, zeigen die erek­tiven Werbeplakate in Parfüm-​Geschäften auf der Prunkmeile Via Mazzini.
Wirkt sehr gut, vor allem in Verona

…schon leicht dominant

Jetzt war es im Oktober 2017 nicht mehr unbe­dingt heiß, Gott sei Dank auch nicht feucht und wirk­lich hart war es auch nicht in den schmalen Gassen zu wandeln, was im Sommer auf dem Kopfsteinpflaster Tallinns anders aussah.

Jetzt kommt neben heiß, feucht und hart noch ein weiteres Wort ins Spiel… …nämlich Nacht.
Passt auch sehr gut zu den anderen drei Worten.

Nach einer so plastisch-​erogenen Einführung, kommen wir dem eigent­li­chen Thema näher …

… nämlich Verona bei Nacht.

Bei Exkursen im nächt­liche Verona kann man gewisse Punkte nicht umgehen…

…die  Arena di Verona

Die Arena am Piazza Brá ist ja nicht nur eines der am besten erhal­tenen römi­schen Amphitheater aus dem Jahre 30 n. Chr., sondern es ist eines der Haupt-​Wahrzeichen der Stadt, was dem berühmten Balkon der Romeo und Julia im Casa di Giulietta in der Via Cappello schon fast den Rang streitig macht.

Das dritt­größte erhal­tene Amphitheater beher­bergt ja nicht nur die alljähr­lich statt­fin­denden Opern-​Festspiele, sondern es bietet noch viel mehr, auch wenn man es gar nicht betritt.

…gut für nächt­li­ches Panorama

Wenn man von der lang­jäh­rigen Geschichte der Gladiatoren-​Kämpfe und der seit 1913 regel­mäßig statt­fin­denden Opernfestspiele absieht, bietet es ein millio­nen­fach abge­lich­tetes Objekt für die Kamera der Besucher von Verona, ob am Tag oder in der Nacht.

Arena di Verona

So geht man mit dem Stativ bewaffnet als erstes zum Piazza Brá, der wie eine Art Empfangssalon der Stadt wirkt.
Dieser unre­gel­mäßig geformte Platz heißt nicht umsonst Brá, was soviel wie “breit” bedeutet.

Piazza Brà Verona

Im Oktober 2017 blieb die geschlos­sene Wolkendecke hart, feucht wurde es aber nicht…
Jetzt ist man schon einmal in der Stadt der Liebe und dann so schlechte Lichtverhältnisse, das Leben ist schon manchmal hart…
Trotzdem drückte ich mehr­fach ab, mit meiner Kamera natürlich…

Piazza Brá mit Arena

Eine Laser-​Show, die mit Flak-​Scheinwerfern in den Himmel schoss, war über der ganzen Stadt zu sehen, und wirkte noch stärker durch die wech­selnden Winkel ihrer Stellung.

Lasershow über dem Piazza Brá

Auch ein Springbrunnen im Gartenbereich des Platzes mit der Form einer Zitronenpresse, lässt den Pizza Brá nicht ohne Brunnen sein, denn eine italie­ni­schen Stadt ohne Brunnen, ist keine italie­ni­sche Stadt.

Fontana delle Alpi

Die Internetseite meines Hotels in der Vicolo Listone gab als Abstand zur Arena 50 Meter an.
Kühnen Fußes durch­schritt ich die schmale Gasse und es waren wirk­lich nur 50 Meter bis zum Piazza Brá, hier hielt die Beschreibung des Hotels wenigs­tens das, was sie versprach.

…nur 50 Meter


Nicht weit entfernt nach Westen liegt das zweite Objekt der Begierde.

Ponte Scaligero über die Etsch

…nämlich die Ponte Scaligero.

Denn diese auf deutsch über­setzte “Skaligerbrücke” ist eine mittel­al­ter­liche Brücke in Verona aus dem 14. Jahrhundert über die Etsch, um es einmal kalt auszudrücken.
Da es ja in früheren Jahren auch oftmals heiß her ging, hatte diese zinnen­ge­krönte Brücke haupt­säch­lich den Sinn eines Fluchtweges aus dem Castelvecchio über die Etsch auf die andere Seite des Flusses.
Denn die Verteidigungsanlage sollte nicht zur Falle werden, da ist ein Hintertürchen immer ratsam.

Flucht auf die andere Seite

Wie heißt es so schön : “Denn, wer besitzt, der muss gewappnet sein !

…schnell weg !

Das Geschlecht der Scaliger waren die macht­vollen Herrscher über Verona in jener Zeit.
Das Gerüst scheint so stabil, dass es alles aushält, Flutwellen des Flusses, sowie eine gegen die tyran­ni­sche Herrschaft rebel­lie­rende Bevölkerung.
Die rechts- und links­sei­tigen Mauern der Brücke sind mit Zinnen gekrönt, sodass man beim Überschreiten meint, man wäre im Innenhof einer Burg und nicht auf einer Brücke.

Zinnengekrönt

Wenn man nach soviel krie­ge­ri­scher mittel­al­ter­li­cher Geschichte einen Rückzug in das histo­ri­sche Zentrum Veronas antritt, ist das nächste Objekt der Begierde wiederum ein Platz…

…nämlich der Piazza delle Erbe.

Das Wort “Erbe” heißt nicht etwa Erbe, sondern “Kräuter”, was auf die Märkte früherer Jahre hindeutet.
Dieser berühmte histo­ri­sche Stadtplatz ist umgeben von Cafés und male­ri­schen Gebäuden.
Er wirkt schon fast wie ein Wohnzimmer, da die Cafés und Restaurants ihre Tische und Stühle bis weit in den Platz hinein ausbreiten, während der eigent­liche Markt nur im mitt­leren Bereich dieses lang­ge­streckten Platzes seinen Platz findet (ein Platz ohne Platz).

Fontana Madonna Verona

In seiner Mitte steht (natür­lich) wieder ein Brunnen, der Fontana Madonna Verona – die Skulptur darauf, man mag es kaum glauben, wurde in der Umgebung gefunden und stammt aus dem 1. Jahrhundert.

Mit dem Spruchband in der Hand der Madonna soll die alte Zeit und die Stadt besungen werden.

Ein Ständchen auf die alte Zeit

Der barocke Palazzo Maffei mit seiner wuch­tigen Fassade und seiner skulp­tu­ren­ge­schmückten Attika, begrenzt die nord-​westliche Seite des Platzes.
Vor diesem Palazzo steht eine Säule, die Colonna di San Marco.
Die mit einem Löwen gezierte Säule lässt jeden Besucher sofort an Venedig denken.
Und genauso ist es auch – die Marmorsäule mit dem geflü­gelten Löwen soll an die ehema­ligen Machthaber und Herrscher über Verona erin­nern – der vene­zia­ni­sche Löwe war ja in der Zeit der Serenissima (und auch heute noch) allge­gen­wärtig, nicht nur in Venedig.

Geflügelter Löwe auf Marmorsäule

Wenn man den P.za delle Erbe als “Wohnzimmer” titu­liert, so ist der angren­zende Piaza dei Signori das “Arbeitszimmer” – zwischen beiden steht sehr wuchtig der Palazzo del Communale mit dem 83 Meter hohen Torre dei Lamberti, von dessen Spitze man einen hervor­ra­genden Blick über den Platz und weit darüber hinaus hat.

Torre dei Lamberti

Verona liegt nun mal an einem Fluss, und dieser gibt ja einiges an Motiven des nachts her.
Vom oberen Ufer des Flusses hat man einen guten Blick auf die Altstadt und vor diesem Blick liegt immer…

…die  Etsch.

Die aus Süd-​Tirol kommende Etsch legt sich wie eine Schlinge um die histo­ri­sche Altstadt Veronas.
Sie bietet mit ihren Brücken auch ein Objekt für jeden Fotografen in nächt­li­cher Stunde.

Ponte Pietra

Wie bereits erwähnt, konnte man die Laser-​Scheinwerfer in dieser Nacht weit sehen.
Trotz bedecktem Himmel wirkten diese “Licht-​Dome” mit dem Blick von Norden zur Altstadt hin sehr beeindruckend.

Lichtdome trotz bedecktem Himmel

Das Panorama mit dem Blick nach Süd-​Osten vom anderen Ufer der Etsch wird beherrscht vom weiß glän­zenden Turm (Baptistery) der Kathedrale von Verona (Cattedrale Santa Maria Matricolare).

Cattedrale Santa Maria Matricolare

Matricolare heißt soviel wie “Mutterkirche” – es wird das Gute und der Glaube immer mit Vater und Mutter sugge­riert, aber schließ­lich heißt es ja, dass man Mutter und Vater ehren soll, was ja auch richtig ist (4. Gebot), denn sonst wäre ich ja nicht nach Verona gekommen.

Die Weihe dieses Hauses des roma­nisch und goti­schen Baustils geht auf das Jahr 1187 zurück.
Was dem Betrachter am Tage auffällt, sind strei­fen­ar­tige Schichtungen des Baumaterials am Hauptgebäude, die schon leicht an den Dom zu Siena erinnern.
Im nächt­li­chen Panorama ist es aber eher die erst später errich­tete Baptistery der Kathedrale, die durch die schon fast weiße Marmorierung die beleuch­tete Stadt überragt.

Weiße Marmorierung

Eine weitere Kirche, bzw. deren Turm, ist die Chiesa Santa Anastasia im nord-​östlichen Teil der durch die Etsch umschlun­genen Altstadt.

Chiesa Santa Anastasia (mit langer Verschlusszeit)

Dieses goti­sche Gotteshaus gilt als die größte Kirche Veronas, also noch eine “Nummer” größer als die Kathedrale.
Der Glockenturm dieser Dominikanerkirche in der Altstadt ragt empor, wie ein spitzer Bleistift, während der Baptistery der Kathedrale wirkt, als wenn die Spitze abge­sägt worden wäre.

Abschließend richtet sich ein letzter Blick im nächt­li­chen Verona zum alles über­ra­genden Castel San Pietro (was mit einer Drahtseilbahn gut erreichbar ist).

Blick zum Castel S.Pietro

Was mir bei der Auswertung der Fotos auffiel, ist das weithin sicht­bare beleuch­tete Kreuz leicht östlich des Castells.

Die Religion steht halt über allem, auch im lüsternen Verona

Was lernen wir daraus :

        “Wer glaubt der Lüste Herr,
                                ist schnell der Lüste Knecht”


* siehe auch meine Bilder-​Galerie Verona Nacht :

Verona Nacht

(HerrRothInDerNacht)

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