Ein Blick sagt mehr als 1000 Worte

                      “Der Blick nach Ost-Westen”

Es gibt Momente, die lassen sich nicht in Worte fassen und man weiß in dem Moment, dass sie nicht wiederkehren.
Und dies ist oftmals nur ein Blick, denn ein Blick sagt mehr als 1000 Worte.
Und eine Sekunde kann über den Rest des Lebens entscheiden.
Auch wenn man nicht ins Melancholische abdriftet, kennt jeder den Moment des blanken Entsetzens posi­tiver Art, was jeden vor Staunen stumm werden lässt und in dem Moment weiß man, dass es nicht mehr aus dem Gedächtnis verschwinden wird, bis ans Ende aller Tage…

Im weih­nacht­li­chen Marrakesch des Jahres 2016 verlief nicht alles so, wie ich es geplant hatte.
Aber dies ist im Grunde immer so, man sollte nach der Taktik vorgehen – “nehmen wie es kommt, das Beste draus machen!”.

Trotz aller Hektik, werde ich eines bestimmt nicht vergessen…
…und zwar den Blick vom Dach meines in der Medina liegenden Riads, der Altstadt von Marrakesch, über die roten Mauern der Stadt, bis hin zu den Bergen des Hohen Atlas.
Wenn man an den roten Mauern aus Stampflehm steht, mit dem Blick zur Koutoubia-​Moschee im Westen, wird man stumm und wenn dann der Muezzin der größten Moschee von Marrakesch zum Gebet ruft und dieser Ruf sich in Windeseile über die ganze Stadt verbreitet und man ihn um sich herum hört, dann denkt man nur eines : “…toll!”

Über den Dächern von Marrakesch

Da gibt es nichts, da kann einer sagen, was er will, dieser Blick ist unbezahlbar !

 …Weihnachts-​Flucht-​Residenzen

Dies liess mich in dem Moment in meiner “Weihnachts-​Flucht-​Residenz” (WFR) des Jahres 2016, wiederum an meine WFR des Jahres 2014 denken.
Und zwar in einer Stadt, die viele schon als “Wunder” bezeichnet haben und die viel vom marok­ka­ni­schen Flair früher Jahre behalten hat, und dies ist SEVILLA.
An diesen Weihnachtstagen des Jahres 2014 stiegen die Temperaturen im anda­lu­si­schen Sevilla auf über 19° Grad tagsüber.

Alles in Weinrot

Das Hotel in den Gassen der Altstadt Santa Cruz spie­gelte den Zauber dieser Stadt plas­tisch wieder.
…in Weinrot gehal­tene Fassade, geschnitzte Holzdecken, Ritterrüstungen, eichene Massiv-​Holztüren, wein­rote Polstermöbel, eichene Truhen – aber das Beste kam noch…
Bei meinen Vorbereitungen und Recherchen hatte ich auf der Seite des Hotels im Internet gesehen, dass es eine Dachterrasse haben sollte.

Es wies aller­dings im Hotel kein Schild mit Pfeil auf eine Dachterrasse hin und ich nahm an, dass sie im Winter geschlossen sei.
Siegesbewusst schritt ich dann doch die Treppen immer höher, bis zu einem Punkt…

Wer kennt nicht aus seiner Kindheit die Arbeiter-​Häuser der 50er-​Jahre im Heimatland – die Dachböden, die ja meis­tens zum Wäschetrocknen benutzt wurden – wenn man dorthin wollte, ging man auch die letzten Stufen der Treppe hoch und dann stand man (meis­tens) vor einer verschlos­senen Tür – den Schlüssel hatten nur die Eltern…
…und genauso stand ich nach dem Aufstieg über viele Treppen vor einer geschlos­senen Tür und dachte, den Schlüssel haben sicher nicht die Eltern, sondern der Portier.
Doch in meinem jugend­li­chen Leichtsinn ergriff ich ganz dreist die Klinke und merkte, dass die Tür nicht verschlossen war … was sich dann vor mir öffnete, lies mich im ersten Moment wieder verstummen und ich dachte : “…wow!”

Erstaunen in nächt­li­cher Stunde

Wiederum geht der Blick nach Westen zur Kathedrale (Catedral de Sevilla) und zum Giralda, der wie ein Minarett über die Stadt blickt.
Und wirk­lich ist der Giralda, als Wahrzeichen von Sevilla, das ehema­lige Minarett der Hauptmoschee, die nach der christ­li­chen Rückeroberung (‘Reconquista’) der Stadt im Jahre 1248 zunächst als Kirche (‘Santa Maria la Mayor’) weiter­ge­nutzt wurde (so die Geschichtsbücher).

Die Dachterrasse hatte an diesen Tagen das Merkmal, dass kein Mensch hier oben war, außer mir.
Viele dachten wahr­schein­lich so, wie ich im ersten Moment dachte, oder wussten durch die fehlenden Schilder gar nichts von dieser Terrasse und kamen gar nicht auf die Idee, hier hochzusteigen.

An weiß getünchten Wände hingen Blumentöpfe (keine schlechte Idee) …

…gute Idee

…Palmen, Kakteen und Korbstühle, um Platz zu nehmen…

…zwischen Palmen


…was ich dann auch tat.

…und Kakteen

Und wiederum dachte ich : “…so lässt’s sich leben!”

Es verteilte sich alles sogar auf mehrere Ebenen und man hatte auch einen Blick auf die umlie­genden Dächer der Nachbargebäude.

Das beste war aller­dings, das Ganze des nachts zu genießen, auch wenn die Temperaturen im winter­li­chen Sevilla leicht gesunken waren und ich Bedenken hatte, dass man die besagte Tür zu diesem “Dach-​Paradies” hinter mir abschließen würde, aber eine Nacht über den Dächern von Sevilla wäre auch nicht schlecht gewesen.

Soweit das “Wunder” von Sevilla, doch einen Blick werde ich garan­tiert nicht vergessen, und dies war im Jahre 2012 in einer meiner Lieblingsstädte über­haupt, in der Stadt des sich selbst regu­lie­renden Chaos, und zwar in NEAPEL.

…sehen und sterben.

Und dieser Spruch wird jedem bewusst,  der einmal Neapel erlebt hat.

Denn diesmal wollte ich es erleben, und zwar einen Sonnenuntergang vom Posillipo ober­halb von Neapel mit dem Blick wiederum nach Westen (klar, wohin sonst?).

Die Strecke von der Altstadt (San Lorenzo) Richtung Hafen und dann Richtung Jachthafen (Mergellina) und weiter zum Posillipo, einer der teuersten Wohngegenden Neapels, zieht sich mindes­tens über drei Stunden in die Länge.
Nun ist es die Kunst, in Mergellina die rich­tige Straße für einen Aufstieg zu finden.
Durch die große Bevölkerungsdichte und die dadurch entstan­dene Bebauung, ist es nicht einfach, hier die rich­tige Straße zu finden, was auch im September 2012 erst beim zweiten Anlauf gelang.

Vertikales Wohnen mit Weitblick

Die Häuser scheinen in den Tuffsteinfelsen hinein­ge­baut bzw.
‑geschlagen worden sein.
Um so höher man über die haar­na­del­kur­vigen Straßen kommt, um so beein­dru­ckender wird der Blick.

Blick über den Posillipo

Die Via Petrarca, die nach meiner Recherche gut für diesen Exkurs ist, erreicht man von unten nur durch die aufstei­gende Via Orazio.

Billige Wohngegend

Warum hier eine Wohnung mit Panoramafenster, Balkon und Garage (!) mit dem Blick zum Vesuv, bis zu 20 Millionen Euro kosten kann, wird einem erst bewusst,  wenn man endlich in der Via Francesco Petrarca ange­kommen ist und immer höher steigt.
Es ist natür­lich der Blick, der der Hauptkostenpunkt an dieser Immobilien ausmacht.
Dafür könnte man in Dortmund eine ganze Straße kaufen, aber dort herrscht ja nicht so ein schöner Ausblick.

Nun hatte ich etwas Zeit verloren und wollte ja den Sonnenuntergang erleben.
Die Sonne stand schon tief und ich ging immer schneller die Via Petrarca hoch und am Schluss rannte ich schon fast bis zu dem Punkt, wo die Via Petrarca auf  die Via Manzoni trifft.
Hier hatte ich meinen Punkt für ein Foto wiederum mit dem Blick nach Westen und zur Halbinsel Nisida erreicht.

Sonnenuntergang Richtung Westen

Wer glaubt, dass es das gewesen war, der war noch nicht in Neapel.
Denn als ich den Rückweg antrat und die Via Petrarca wieder herun­ter­ging, kam wie Anfangs beschrieben, einer der großen Momente, die nicht häufig vorkommen und die man nicht vergisst.

Neapel bei Nacht

Das beleuch­tete Neapel lag zu meinen Füßen, diesmal aber mit dem Blick nach Osten (!?)
Ein Blick, bei dem auch meine dama­lige Kamera es schwer hatte, ihn einzufangen.
Fast wie in einem Roman fesselte dieser Blick, dass sogar Reisebusse in nächt­li­cher Stunde anhielten und die Fahrgäste ausstiegen, um ihn zu erleben.

Warum er sich diesmal aller­dings nach Osten rich­tete, obwohl alle anderen Blicke nach Westen gingen, ist schwer zu sagen …

    “…es bleibt ja nur ein Augenblick für einen Blick”

*  sh. auch meine Bildergalerie Marrakesch und Sevilla .

(Sonstiges)

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