Die Türen von Tallinn (Juni 2017)

                              “Von Tür zu Tür”

Nach den Doorknocker von Bologna und den Blauen Türen von Essaouira  in Marokko, geht es diesmal zu den Ein- und Ausgängen im hohen estlän­di­schen TALLINN.

Aus frühen Jahren meiner krea­tiven künst­le­ri­schen Beschäftigungen, kommt mir beim Betrachten dieser markanten Türen bei den frischen Temperaturen Ende Juni 2017 in Tallinn die Erinnerung an eine künst­le­ri­sche Bewegung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, nämlich dem Geometrisch-​Konstruktivistisch Abstrakten.
So gewisse Dinge bleiben doch immer haften, denn diese Kunstrichtung eines Piet Mondrian und eines Willi Baumeisters hat mich zwar damals nicht unbe­dingt begeis­tert, trotzdem neigt man als stabil denkender Mensch eher zu klaren Linien, als zum spontan Expressiven.

Licht-​Schatten Gelb-Grün

Keine einfa­chen Wortkombinationen, doch “cons­tructio” lässt doch qual­volle Erinnerungen an Latein in der Sekundarstufe I. hoch­kommen, aber man sieht, dass es a poste­riori doch etwas bringen kann, Latein gelernt zu haben.

Denn “Constructio” bedeutet der Bau oder die Zusammenfügung.
Da kann man ja nun sagen was man will, aber zu einem Bau gehört eine Tür und diese fügt ja nun einmal die Außen- und die Innen-​Welt zusammen und ist nicht nur ein Durchgang oder eine Absperrung.

Türkis + Weinrot + Rosarot

Genauso zeigt sich wieder die Farbenlehre eines Newton und eines Goethe.

Und wirk­lich kunst­voll sind die im estlän­di­schen Tallinn in großer Anzahl zu findenden  Türen schon.

Wenn ich da an die schweren Holztüren bzw. Holztore in Bologna denke, oder an die eher in Blau gehal­tenen, manchmal leicht vergam­melten Türen im marok­ka­ni­schen Küstenort  Essaouiraheben sich die Türen von Tallinn doch etwas ab.

Sie haben nicht dieses Volumen, wie in manchen italie­ni­schen Städten, wo man sich fragt, wie der Bewohner beim Rein- und Rausgehen es schafft, die “Tür” über­haupt zu öffnen, und auch nicht den nordsee-
ange­hauchten orien­ta­li­schen Touch der marok­ka­ni­schen Eingänge.

Grün-​Weiß

Und sie haben doch einen Reiz und dieser liegt im Detail.
Denn oft sind die Elemente schon eher mini­ma­lis­ti­sche Beschläge, wo es sich lohnt diese beim Fotografieren herauszuarbeiten.

Die Liebe zum Detail

Riga ist Tallinn doch weit über­legen, wenn es um die Jugendstil-​Fassaden geht, so ist Tallinn Riga über­legen, wenn es um die reiz­vollen Türen geht.

Wenn man sich in Bologna doch oft fragt, wie und wo die mäch­tigen Türen dort über­haupt aufge­schlossen werden, so ist das Türschloss an den Tallinner Türen blitz­schnell örtlich zu definieren.
Dieses liegt ganz einfach an den einfa­chen Formen, die man aus dem Grundschulalter im Fach Geometrie noch kennt.
Und da, wo man den Haustürschlüssel in der rich­tigen Höhe rechts in der Hand hat, dort ist auch das Schloss an der Tallinner Tür.…
…und oftmals sogar der Briefkasten, wodurch der Briefträger sich gar
nicht bücken braucht und so seine Arbeit schneller voll­ziehen kann.

Für Briefträger mit Rückenschaden

Vielleicht keine schlechte Idee den stress­ge­plagten Beruf Briefträger im heimi­schen Deutschland etwas zu erleichtern.

Briefkästen in guter Höhe

Was meine Kamera sofort fest­hielt, war etwas, was mich an die fanta­sie­vollen Ideen in manchen italie­ni­schen Städten erinnerte.

Kaffee…

Nämlich die Schlagläden eines Geschäftes, wo man Kaffee, Schokolade, Tee und Schnaps zu sich nehmen und kaufen konnte.

…und Schokolade mit Jugendstil

Dicke Werbung ist hier gar nicht nötig, denn die mit Jugendstil-​Malerei gezierten Holzläden regen jeden Vorbeigehenden zum Betrachten an.

Wiederum eine gute Idee, die prot­zende Neon-​Werbung durch etwas Kreatives zu überbieten.

Wie ein Wink des Schicksals zeigte sich mir der Stadtpatron von Tallinn, der meinen Namen trägt, nämlich der Alte Thomas (estnisch Vana Toomas).
Über das Alt wollen wir mal hinweg­sehen, der Eiserne Thomas trifft da eher zu, denn dieses Maskottchen und Schutzpatron aus dem 15. Jahrhundert tritt in eiserner Rüstung mit Schwert und Fahne, gekrem­pelten Hut und Schnurrbart auf.

Ich bewun­derte ihn dann im Rathaus der Stadt (Tallinna raekoda), wo er als Figur aus Eisen ausge­stellt ist.
Außerdem bewacht er die Stadt als Wetterfahne auf dem besagten Rathaus am gleich­na­migen Platz (Raekoja plats).

Tallinna raekoda

Ich trage zwar keine Schnurrbart, aber für Ritter und Burgen war ich schon immer zu begeistern.

Zu guter Letzt stei­gerte sich das Ganze “von Tür zu Tür gehen” noch durch eine weitere Tür, diesmal von einem der unzäh­ligen Souvenir-​Läden, die eine komplette Ritter-​Rüstung trug, was zeigt, dass die Tallinner Türen nicht nur gut aussehen, sondern auch sehr stabil sein müssen, ob nun geometrisch-​konstruktivistisch oder nicht…

…ziem­lich stabil

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* Weitere Fotos der Türen in Tallinn :

Tallinn Türen

(Sonstiges  /​ HerrRothBesucht)

                                                   

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