“Weh uns, wir sind geschlagen
und flüchtig vor dem Feind !
Schon tobt er vor den Mauern
und droht mit Untergang!”
(Richard Wagner, Die Feen, 2. Act)
“Wer bedroht hier eigentlich wen?”
Seit es Menschen gibt, gibt es Kriege, sodass man sich manchmal fragt, warum sich Menschen nicht vertragen können (?).
Anstatt Hand in Hand zu arbeiten, kämpft einer gegen den anderen.
Vom Wunsch, dass die Menschen in Frieden zusammen leben, ist man noch sehr weit entfernt.
So ist das heute und so war das schon immer und wird es auch immer sein, aus… basta…
Demgemäß sind strategisch günstige Punkte oftmals hart umkämpft und wandern von Hand zu Hand, und zwar immer in die Hand des Siegers, der sich dann wiederum vor den Angreifenden verteidigen muss.
Einer dieser strategisch wichtigen Punkte im mittelalterlichen Ober-Italien ist…
…das Castell’ Arquato in der Emilia Romagna.
An einer der Landstraßen (SP4), die von der Po-Ebene zum Apennin führen, liegt dieses mittelalterliche Kleinod zwischen Parma und Piacenza, ca. 30 km süd-östlich von Piacenza.
Leicht erhöht über dem Fluss Arda ist es schon von weit her erkennbar.
Das einstige mittelalterliche Kastell ist noch voll erhalten – Castell’ Arquato ist aber auch eine kleine Gemeinde mit 4.800 Einwohnern in der Provinz Piacenza.
Die private Vereinigung der “Schönsten Orte Italiens” (“I borghi più belli d’Italia”) hat Castell’ Arquato in seine Liste aufgenommen, die im Jahre 2016 285 Orte aus Italien beherbergte.
Diese hat sich seit 2001 zur Aufgabe gestellt, leicht abgelegene, historisch und bautechnisch wertvolle Ortschaften zu fördern, die außerhalb der großen Touristen-Zentren liegen.
Damit soll dem Verfall und der Entvölkerung und der damit verbundenen Verwahrlosung entgegen gearbeitet werden.
Es sollen somit Orte gefördert werden, die weniger bekannt sind und nicht zu Touristen-Hochburgen zählen, wo also nicht der Rubel kontinuierlich rollt und keine Menschenmassen sich Tag für Tag durch die Gassen drängen.
Eine gute Idee, vor allem in einem Land, wo es unzählige kleinere Ortschaften gibt, die kaum ein Reisender kennt und die oftmals abseits der Touristen-Pfade liegen.
Andererseits sollen die Orte durch die Förderung auch bekannter werden, und somit Reisende anziehen, denn Italien ist nun mal ein Land, wo der Tourismus viel Geld einbringt.
Das Castell’ Arquato wird bereits im 8. Jahrhundert erwähnt und die Namensnennung erscheint erstmals im Jahre 1220 – die reichen auswärtigen Familien der Visconti, der Farnese und der Sforza hinterließen hier auch ihre Spuren und bauten den Ort zu einer Festungsstadt und als militärischen Stützpunkt aus.
So wurden Teile der Apennin und die Ebene um Piacenza kontrolliert.
Die antiken Wohnbauten sind aus Ton und Sandstein gefertigt und die Architektur ist von zahlreichen Gewölben und Rampen gekennzeichnet – genau wie in Bologna und Ferrara fallen einem hier wieder die zinnengekrönten Türme und Mauern auf, eine Architektur, die dem Besucher einen Geschmack des mittelalterlichen Ober-Italiens vermitteln, den man unwillkürlich mit nach Hause nimmt.
Die Unterstadt erscheint wie eine Ansiedlung derer, die im eigentlichen Kastell keinen Platz mehr fanden – wie man sich allerdings denken kann, hat die Zeit auch vor Castell’ Arquato nicht Stopp gemacht und neuere Ansiedlungen sind nur unterhalb der eigentlichen Festung möglich.
Der Aufstieg von einem im Tal liegenden Busbahnhof, der zeigt, dass auch hier die Zivilisation Einzug gehalten hat, zieht sich durch enge Gassen von mittelalterlich erscheinenden Häusern bis zu dem Eingangstor eines wuchtigen Festungsturmes (Torrione Farnesiano) aus dem 16. Jahrhundert.
Dieser ist ein Teil des Castello Stradivari.
Von hier aus steigt man den Burgberg hinauf…
Interessant sind die aufsteigenden Wege, die durch Tuffstein, Ziegel und Kiesel unverwüstbar erscheinen – was in frühen Jahren erbaut wurde, erscheint dem Besucher auch in Bologna noch standhafter, obwohl es zu damaliger Bauzeit nicht die technischen Möglichkeiten der heutigen Zeit gab.
Der Piazza del Municipio ist umgeben von einem Ensemble mittelalterliche Bauwerke, die von einstiger Macht zeugen.
Der Palazzo del Podesta 1239 (ich hoffe, es stimmt) begonnen, erhielt allerdings erst später eine Freitreppe und eine Loggia hinzu.
Die Kirche Collegiata di S. Maria ist das älteste Gebäude am P.za del Municipio aus dem Jahre 1120 (ich hoffe wiederum, dass es stimmt), und weist drei halbkreisförmige “Apsiden” auf … das Wort kannte ich bis vor kurzem auch nicht, aber man lernt ja immer dazu.
“Apsiden” sind halbkreisförmige, polygonale Raumteile, die an einem Haupthaus anschließen und meist von einer Halbkugel überwölbt sind.
Da bekommt man einen richtigen Grundkurs für mittelalterliche Architektur und Bauweise, was man hier vor Ort bestaunen kann.
Über allem thront die zinnenbewehrte (es gibt schon Worte!) Rocca Viscontea, die auf den Namen der Macht-Familie Visconti zurückzuführen ist.
Diese Burg mit einem kleinen Burggarten, war einst mit einem doppelten Mauerring mit tiefen Gräben umgeben.
Der ärgste Feind des Menschen ist der Mensch selbst.
Der Wehrturm zeigt wieder die typische Zinnenkrönung und ist besteigbar.
Castell’Arquato ist abschließend zu sagen eine Mischung aus Kultur, Geschichte, Naturlandschaft, mittelalterliche Architektur und Museum, aber auch Gastronomie und Hotellerie.
Der Ausblick lässt auch den Burgenfreund HerrnRoth verweilen, auch wenn ein anstrengender Rückweg nach Fiorenzuola d’Arda noch bevorstand.
Der Bus fährt nämlich nur zweimal am Tag und war schon lange fort, als ich wieder in der Unterstadt angelangt war.
Also ist vom Mittelalter hier doch etwas übrig geblieben.
Was lernen wir daraus :
“Der ärgste Feind des Menschen ist der Mensch selbst”
Club zum Erhalt der schönsten Orte Italiens
(http://borghipiubelliditalia.it/)
Zur Ergänzung und Erweiterung steht mein Beitrag über meine Wanderung zum Castell’ Arquato im Jahre 2011 (Emilia Romagna 2011).
Überschneidungen zu diesem Beitrag ließen sich nicht vermeiden.
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Fotos zum Castell’ Arquato :