“Von einem der auszog das Wunder zu finden”
Wer die Städte im Osten der Republik aufs Korn nimmt, kommt natürlich an einer nicht vorbei … und das ist DRESDEN.
Meine beiden Aufenthalte 2005 und 2008, eingebettet in Stationstouren, hatten beide als Quartier ein Alternativ-Hotel in der Äußeren Neustadt, dem Szenen-Viertel oberhalb der Elbe.
Nach diesem Hotel habe ich die ganze Tour 2005 benannt und somit stieg ich im Jahre 2008 wieder dort ab.
Dieser Stadtteil Dresdens hat ein reges Nachtleben mit Clubs, Musik und Leben bis in die tiefe Nacht hinein.
Das “Elb-Florenz” hat für alle einen Reiz, genau wie die Brühlschen Terrassen ein sehr gutes Motiv für jeden Fotografen darstellen, vor allem in der Nacht.
Bei aller Euphorie und Wissensdurst der damaligen Touren, stach mir schon im Vorfeld in der Literatur ein Begriff ins Auge …
…nämlich “DAS BLAUE WUNDER” von Dresden.
So ein Begriff reizt natürlich zur Recherche.
Von den Fakten her ist dies die Brücke über die Elbe im östlich gelegenen Stadtteil Loschwitz.
Diese 1893 eröffnete Brücke verbindet die Ortsteile Blasewitz (linkes Elbufer) und Loschwitz (rechtes Elb-Ufer – von Osten aus gesehen).
Klingt eigentlich ganz normal, nichts besonderes, auch wenn man sagen muss, dass die Brückenkonstruktion für die damalige Zeit schon eine enorme Leistung war.
Doch jetzt kommt der Clou …
…denn bis 1912 hieß die Brücke König-Albert-Brücke und ab 1912 “Das Blaue Wunder”.
Allein dieser Name regt die Fantasie eines jeden Besucher an.
Der Name “Wunder” klingt schon etwas abergläubisch, aber es erklärt sich dahingehend, dass die Konstruktion und die Ausführung für die damalige Zeit schon ein Wunder war.
Jetzt drängt sich natürlich die entscheidende Frage auf, warum blaues Wunder (?). Man wird sein “blaues Wunder” erleben, heißt ein gängiger Spruch.
Und mit diesem Spruch im Hinterkopf machte ich mich im September 2005 beim ersten Dresden-Aufenthalt auf den Weg von der Äußeren Neustadt Richtung Osten, um mein blaues Wunder zu erleben.
Die Strecke weist als solches 6 km auf, was ja aus der heutigen Sicht nach den großen Wanderungen der letzten Jahre nicht unbedingt ein Wunder werden konnte.
Ich legte die Strecke erst einmal über die Straße Richtung Ortsteil Weisser Hirsch, dieses hatte auch seinen Grund, denn leicht unterhalb liegt das sogenannte “Schiller-Häuschen” und hier soll Friedrich Schiller (angeblich) an seinen Werken, vor allem am Don Karlos gearbeitet haben, ob dies natürlich stimmt, ist eine andere Frage.
Nach einem kurzen Stopp ging es weiter bergab Richtung Loschwitz und dem “Wunder”.
Dann wurde es aber langsam spannend, denn im Tal angelangt, ging es erst einmal nach rechts Richtung Elbe. Und dann hatte ich nach ca. 10 Minuten das “Wunder” vor Augen.
Eine tollkühne Konstruktion, die mich aus der heutigen Sicht schon fast an die Budapester Brücken über die Donau erinnern lassen, man wird schon manchmal stumm, wenn man sieht, was früher schon alles möglich war…
…doch eine Frage blieb weiter offen, und zwar, warum Blau (?).
Das eigentliche “Wunder” wurde mir trotz genauem Hinsehen nicht klar ersichtlich.
Die Farbe der Brücke ist ein normaler Smaragdgrünton, den man von vielen Brücken her kennt. Dieses ist laut Goethes Farbenlehre ein Mischton von Kobaltblau und Chromgelb.
Dies liess mich doch etwas verwundern.
Nun kenne ich dies von anderen Touren, man soll sich nicht durch einzelne Dinge alles verderben lassen.
Ich überquerte das “Wunder” hin zum Ortsteil Blasewitz … wieder ein Witz, aber ein sehr schöner.
Der Ortsteil weist den Flair eines romantischen Dorfes auf. Bei aller Romantik, wollte ich allerdings den Rückweg antreten, und zwar auf dieser unteren Elbseite direkt am Ufer Richtung Dresden zurück, wo ich nach gemächlichen 3 Stunde auch ankam und leicht verwundert meinen Aufenthalt fortsetzen konnte.
Nun hatte ich für das Jahr 2008 wieder eine Tour mit einem Stopp in meinem Hotel in der Neustadt geplant.
Bei allen Aktivitäten, die ich für diese Reise geplant hatte, ließ mir doch eines keine Ruhe…
…und das war das Blaue Wunder von Dresden bzw. von Loschwitz.
Zum Zeitpunkt 2008 hatte ich schon den Hang zu größeren Strecken. Ich blieb diesmal direkt an der Elbe, was den Blick auf traumhafte Villen und Weinberge öffnete.
Als das “Wunder” nach zweieinhalb Stunden mir wieder langsam vor Augen kam, wollte ich die Strecke um einige Kilometer ausdehnen, nämlich bis Wachwitz, wieder so ein Witz, auch wenn die Elbterrassen hier nicht an Anmut nachlassen.
An diesem schönen sonnigen Mai-Nachmittag von Wachwitz den Rückweg einschlagend, kam jetzt allerdings endlich das “Wunder”.
Immer langsamer bewegte ich mich die letzten 1000 Meter von Osten kommend auf die Brücke zu und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, denn ab knapp 700 Meter vor dem “Wunder” passierte ein Wunder – die Brücke wurde zunehmend immer blauer.
Ich glaubte auch ohne Alkohol blau zu sein, sogar meine Kamera schaffte es nicht das “Wunder” aus dieser Sicht einzufangen.
Immer näher auf die Brücke zukommend, ließ das Blau doch wieder zunehmend nach.
Doch leicht erstaunt und verwirrt nahm ich unter der Brücke in einem Biergarten erst einmal eine eisgekühlte Waldmeister-Bowle zu mir, um den “Schock” abzukühlen.
Jeder kennt den Spruch : “…im Osten geht die Sonne auf…”
Nach kurzer Zeit wieder sachlich denkend, konnte ich mir das Ganze nur so erklären, dass die Sonneneinstrahlungen der im Osten aufgehenden Sonne, in den langen Jahren dem Gelbanteil stark zugesetzt haben müssen und so das Blau ans Tageslicht befördert haben, denn die Sonne hat ja dann noch eine gewisse Kraft, die in den Nachmittagsstunden nachlässt.
Immer noch leicht verwundert, machte ich mich unter dem farblichen Eindruck stehend, doch auf den Rückweg, diesmal jedoch auf der nördlichen Elbseite.
Noch einmal verwundert zurückschauend, erschien das “Wunder” doch wieder aus dieser Sicht in normalen Farben wie vorher.
Was lernen wir daraus :
“Wunder gibt es immer wieder”
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* weitere Fotos zu Dresden in meiner Bildergalerie Germany :