Italienreisende 18./19. Jh.

ITALIEN  war schon immer ein Sehnsuchtsland der Deutschen, und nicht nur der Deutschen.
Man greift aller­dings immer gerne auf den ersten “Italienreisenden” zurück, und der kam aus Deutschland, nämlich J.W.v.Goethe, der einein­halb Jahre von 1786 bis 1788 Italien durch­streifte und dies als seine “Wiedergeburt” bezeichnete.

Allerdings gab es auch noch einige andere, die sich an das damals nicht einfache Unternehmen machten, ein Land wie Italien von Norden nach Süden zu durchstreifen.
Da so etwas damals eine Seltenheit, eine Herausforderung und auch ein gewisses Abenteuer war, ist es natür­lich gut, dass die meisten darüber etwas in Buchform der Nachwelt hinter­lassen haben.
Durch den Sight-​Seeing-​Charakter heutiger Italienreisen, wo man nur ein Flugzeug besteigen muss und eine Stunde später am Ziel ist, können sich viele gar nicht mehr vorstellen, unter welchen Bedingungen man damals “reiste”, als es ausser Schiffen nur Vetturine (Fortbewegungsmittel bestehend aus einem Sitz, 2 Rädern und einem Maulesel) gab.
Kurz vor der Etablierung der Eisenbahn blieb einem wage­mu­tigen Reisenden nichts anderes übrig, als das Ganze zu Fuss zurück­zu­legen, was bei den Temperaturen in Italien oftmals nicht ganz einfach gewesen sein muss.
Ein gutes Beispiel ist Gottfried Seume, der in nur 9 Monaten 1801–1802 von Leipzig aus ganz Ober- und Mittel-​Italien mit dem Ziel Neapel fast ausschliess­lich zu Fuss zurücklegte.
Neapel war für viele ein Hauptziel, weil man von dort mit dem Schiff schon damals regel­mäßig nach Sizilien kam.

Trotzdem hatte Seume als Hauptziel Syracus und durch­streifte Sizilien nicht wie Goethe quer durch von Westen nach Osten, sondern umrun­dete Sizilien von Palermo begin­nend fast ganz an den Küsten entlang.
Er hinter­liess das Ganze auch in Buchform.
Viele dieser Lektüren lesen sich wie Abenteuer-​Romane und sind wesent­lich aufschluss­rei­cher, als Reiselektüren der heutigen Zeit.
Einer der Hauptgründe ist natür­lich der, dass das Ganze aus der Sicht von damals noch ganz anders aussah, als heute, wo alles durch den Massen-​Tourismus geprägt ist.

Ich habe 10 exem­pla­ri­sche Beispiele ausge­wählt mit der jewei­ligen Buchangabe und der Reiseroute des mutigen Reisenden, denn Mut musste man damals (und auch oft heute) zu einem solchen Projekt schon haben.

* Johann Wolfgang v. Goethe (1786–88)
* Karl Philipp Moritz (1786–88)
* Johann Gottfried v. Herder
(1788–89)
* Johann Gottfried Seume (1801–02)
* Stendhal (Marie-​Henri Beyle)
(1817)
* Heinrich Heine (1827–28)
* Fanny Lewald (1845–46)
* Charles Dickens (1844–45)
* Ferdinand Gregorovius (1852–75)
* Hippolyte Taine (1864)
  (die Jahreszahlen beziehen sich auf den Zeitraum der Reise)

goethe

* Johann Wolfgang v. Goethe (Reiseroute)

Reiseroute Goethe

hin :
Karlsbad – München – Mittenwald – TRIENT – Torbole/​Malcesine (Lago di Garda) – VERONA – Vicenza – PADUAVENEDIG
Ferrara – Cento – BOLOGNA – Loiano – Giredo – PERUGIA – Terni – Civita Castellana – ROM (1. Aufenthalt)
Velletri – Fondi – St. Agata – NEAPEL (1. Aufenthalt) – Pompeji
Seeweg hin :  PALERMO – Alcamo (Segesta) – Castelvetrano – Sciacca – AGRIGENT  – Caltanisetta – CATANIA – Taormina – Messina

her :
Seeweg her : 
MessinaCapri – NEAPEL (2. Aufenthalt)
NEAPEL – Fondi – Velletri – ROM (2. Aufenthalt)
ROM – Frascati – SIENAFLORENZBOLOGNA (2. Aufenthalt) – Modena – Parma – Piacenza – MILANO (Mailand) – Como (Lago di Como) – Carvagnana…

Literatur :
Italienische Reise” (Verlag C.H.Beck München 1981, 748 S., 40 Abbildungen, ISBN 13 : 978–3406552496)


Kommentar :
Goethes “Italienische Reise” ist ein Klassiker unter der Italien-​Literatur und ein Buch für die Insel.
Goethe hat seine 18monatige Reise als eine Art “Wiedergeburt” ange­sehen – genauso sind seine eupho­ri­schen Schilderungen aller Kunstdenkmäler, Bauwerke, Kunstwerke und der Landschaft – das Kritische fällt unter den Tisch.
Goethe zieht es sowohl hin, als auch retour magne­tisch nach ROM, dadurch bleiben einzelne (auch bedeu­tende) Städte mit eher kurzen Aufenthalten auf der Strecke.
Das Werk liest sich flie­ßend, ist sehr aben­teu­er­lich und hat einen großen Anhang mit Erläuterungen, Korrespondenz und einen Bericht über den Römischen Karneval.

Moritz - Kopie
* Karl Philipp Moritz
(Reiseroute)

Reiseroute Karl Philipp Moritz

hin :
VERONA – Mantua – BOLOGNA – Rimini – San Marino – Pesaro – Fano – Senigallia – ANCONA – Loreto – Macerata – Tolentino (Abruzzen) – Foligno – ROM
ROM – Frascati – Velletri – Terracina – Fondi – Mola – St. Agathe – Capua – Aversa – NEAPEL (Capri, Sorrent, Pompeji, Pozzuoli)

her :
NEAPEL – Fondi – Velletri – ROM (2. Aufenthalt) – Tivoli – Monte Rosi – Ronciglione – Viterbo – Lago Bolsena (Volsinium, St. Lorenzo) – Aquapendente – FLORENZBOLOGNA (2. Aufenthalt) – Ferrara – Rovigno – PADUAVENEDIG – Padua – Mantua – VERONA (2. Aufenthalt) – Trient…


Literatur :
“Reisen eines Deutschen in Italien in den Jahren 1786 bis 1788” 
(Die Andere Bibliothek 2013, 693 Seiten, ISBN : 978–3847703372)


Kommentar :
Moritz hatte es nicht leicht – er wurde schon immer als kleiner “Bruder” von Goethe bezeichnet und dann ein Italienbuch zu schreiben, ist schon kein einfa­ches Unterfangen. Moritz schil­dert (in einer Art von Brief-​Form) haupt­säch­lich die Wege, die er größ­ten­teils zu Fuß zurück­ge­legt hat und die bedeu­tenden Städte, zwar nicht so eupho­risch wie Goethe, aber oftmals sehr lebendig (vor allem vom Alltagsleben in größeren Städten).
Die beiden Bücher (Goethe und Moritz) habe ich zweimal gelesen – Goethe erscheint immer etwas frischer, das liegt wahr­schein­lich daran, dass er (Goethe) es in Begeisterung geschrieben hat.
Was mein Herz als gelernter Schriftsetzer (auf den ersten Blick) höher schlagen läßt, ist die Aufmachung des Werkes (Schuber, Lesefaden, Fotos).
Auf den zweiten Blick sehe ich einiges etwas nüch­terner, zum Beispiel sind die unzäh­ligen (schwarz-​weiss) Fotos wild im Buch verstreut und eher primi­tive Urlaubsfotos. Ein Makel, den man sicher hätte besser machen können. Ein umfang­rei­cher infor­ma­tiver Anhang und der Foto-​Nachweis ergänzen das Buch.
Es ist ratsam es nicht neu zu kaufen, sondern gebraucht, da es den hohen Preis nicht wert ist.
Man kann abschlie­ßend sagen, dass Moritz’ Werk mit seinen Postkarten-​Idyll ja auch sehr gut als Ergänzung zu Goethes Werk ange­sehen werden kann.

 

Herder

* Johann Gottfried v. Herder (Reiseroute)

Reiseroute Herder

hin :
WEIMAR – Erfurt – Gotha – Meiningen (Thüringen) – Coburg – Bamberg – Erlangen – Nürnberg – Augsburg – Füssen – INNSBRUCK (AT) – Bozen – Trient – Rovereto – VERONA – Mantua – Modena – BOLOGNA
BOLOGNA – Faenza – Rimini – Cattolica – Pesaro – Fano – Senigallia – ANCONA (Marken) – Loreto – Recanati – Macerata
Folignio – Spoleto – Terni- Citta Castellana (Umbrien) – ROM (1. Aufenthalt) – NEAPEL

her :
NEAPELROM (2. Aufenthalt) – Siena – Pisa – FLORENZBOLOGNA (2. Aufenthalt) – Ferrara – VENEDIG – Padua – Vicenza – VERONA (2. Aufenthalt) – Mantua – Guastalla – Parma – Piacenza (Emilia Romagna) – Pavia
MILANO – Trient – INNSBRUCK (AT) – München – Regensburg – Nürnberg – WEIMAR


Literatur : 

“Italienische Reise : Briefe und Tagebuchaufzeichnungen 1788/​89”
(C.H.Beck München 1989, 739 Seiten, ISBN : 3–406-33688–0)

Kommentar :
Herders “Italienische Reise” gibt es als solches gar nicht.
Das Buch besteht ausschließ­lich aus Briefen und Tagebucheintragungen.
Als Goethe wieder im Heimatland ist, bricht Herder auf – er grenzt sich auch in seinem Denken klar von Goethe ab. Er betrachtet die antike Kunst mit anderen Augen, als wir es von Goethe kennen. In Herders Kunstverständnis steht die antike Skulptur und Plastik als Zentrum seiner Ästhetik. Für ihn sind sie reines Menschentum – edel, rein, gross, hoch …
Immer wieder klingt verdeckte Erotik an. Sein Italien-​Aufenthalt trägt auch geis­tige Früchte, da sie seinen Ausbau einer Humanitätsphilosophie bestärkt.
Seine Vorstellung vom Menschen und der humanen Persönlichkeit nehmen in seinen Schriften einen großen Stellenwert ein – Goethe sieht eher die Kunst und die Architektur, während Herder alles auf das Humane subli­miert. Das Buch ist schwer zu lesen, da es kein durch­flie­ßender Text (in Kapiteln aufge­teilt) ist, sondern eine unge­heure Anzahl von Einzelteilen (Briefen, Tagebuch), die man als Leser im Kopf fusio­nieren muss.

 

G.Seume

* Johann Gottfried Seume (Reiseroute)

Reiseroute Gottfried Seume

hin :
LEIPZIG – Dresden – Prag – Wien – Graz
TRIESTVENEDIG – Padua – BOLOGNA – Rimini – Pesaro – ANCONA – Macerata – Tolentino – Foligno – Spoleto – ROM – NEAPEL
Seeweg nach Sizilien :
PALERMO – Termini – Sutera – Campo Franco – Aragona – AGRIGENT – Palma – Licata – Gela – Caltagirone – Palagonia – Lentini – Augusta – SYRAKUS (Siracusa)

her :
SYRAKUS – Catania – Taormina – MESSINA –  Cefalu – PALERMO (II.)
Seeweg retour :
Capri – Salerno – Pompeji – NEAPEL (II.) – Aversa – Capua – Terracina – Fondi – Velletri – ROM (II.)
ROM – Ronciglione – Viterbo – Montefiascone – Bolsena – Aquapendente – SIENA – Florenz – BOLOGNA (II.) – Modena – Reggio – Parma – Piacenza – Lodi – MAILAND – Sesto – Lago Maggiore – Varone – Megadino – Bellizona (CH) – Ayrolles – St. Gotthard – Altdorf (Vierwaldstätter See) – LUZERN – Zug (Zuger See) – ZÜRICH – Schaffhausen (Rheinfall) – BASEL – Besancon (FR) – Auxonne – Dijon – Auxerre – PARIS – Nancy – Mainz (DE) – Frankfurt a.M. – Fulda – Weimar – LEIPZIG

Literatur :
“Spaziergang nach Syrakus”
(Rütten&Loening Verlag Berlin 1989, 577 Seiten, ISBN : 3–352-00250–9)

Kommentar :
Seume hat für die dama­ligen Verhätnisse bei seinem “Spaziergang” eine Leistung voll­bracht, die noch heute unvor­stellbar ist.
Die oben illus­trierte Strecke legte Seume in nur 9 Monaten zurück (Goethe brauchte das doppelte), und dies fast ausschliess­lich zu Fuß mit einem Seeweg nach Sizilien.
Jeder
, der da sagt oder meint, “… das kann doch gar nicht sein!”, der lese dieses Buch, was einst in 2 Büchern heraus­ge­geben worden ist.
Sein Autor (Seume) schil­dert die Kunstschätze nicht mit Euphorie oder Begeisterung wie andere, sondern er zeigt auch die Missstände, Armut, Bedrohung durch Räuber, schlechte Gasthäuser, Schwierigkeiten bei der Passkontrolle etc., wie man sie in Reiseführern der dama­ligen (und der heutigen) Zeit bestimmt nicht finden wird.
Wenn man Italien in dem Ausmaß durch­quert, ist es natür­lich sehr gut, beides zu sehen, das Positive und das Negative.
Somit erkennt man an den Schilderungen die Entwicklung der jewei­ligen Stadt etc., ob zum Guten hin oder zum Schlechten hin.
Ein gutes Beispiel ist Syrakus (was ja Seumes eigent­li­ches Ziel war), die einst größte und mäch­tigste Stadt Siziliens.
Mit einem Bild von früher in der Hand, sagte ein Einheimischer zu Seume : “Das waren wir und das sind wir …”
Dieses kann man ja auf sehr viele Städte der heutigen Zeit übertragen.
Ich habe das Buch zweimal gelesen, auch aus dem ganz einfa­chen Grunde, weil ich einige Strecken, die Seume damals zurück­ge­legt hat, selber zu Fuß erwan­dert habe.
Einen besseren Vergleich von damals und heute kann man kaum finden.

Stendhal

* Stendhal Marie-​Henri Beyle (Reiseroute)
Reiseroute Stendhal
hin :
Berlin – München – MAILAND – Pavia – Piacenza – Reggio nell’Emilia – Samoggia – BOLOGNA – Pietra Mala – FLORENZ – Castelfiorentino – Volterra SIENA – Torrinieri – Acquapendente – Bolsena (Lago di Bolsena) – ROM – Velletri – Terracina – Capua – NEAPEL (Ischia, Pompeji)

her :
NEAPEL – Gaeta – ROM (II.) – Perugia (Umbrien) – FLORENZ (II.) – BOLOGNA (II.) – Ferrara – Imola – Cesena – Rimini – San Marino- Pesaro – Urbino (Marken) – ANCONA – Pesaro – Rovigno – PADUA – Battaglia Therme
VENEDIGMAILAND (II.) – Lago d. Como – Riva – Monticello – Lago Maggiore – Genf (CH) – Lausanne – Frankfurt a.M.


Literatur :

“Reise in Italien. Rom – Neapel – Florenz”
(Diederichs-​Verlag 1996, 443 Seiten, ISBN-​13 : 978–3424013214)

Kommentar :
Stendhal alias Marie-​Henri Beyle war ein Schriftsteller mit einer blühenden Fantasie und er schrieb sehr abwech­se­lungs­reiche Werke (Liebesromane, Rossini-​Biographie, Italien-Buch).
Durch diese Fantasie sind gewisse Dinge anzumerken.
Erst einmal beschreibt Stendhal in seinem Italienbuch Gegenden, wo er niemals war (Kalabrien), was von ihm frei erfunden worden ist – darauf weist aller­dings der Herausgeber des Buches im Vorwort hin. Es ist schon lustig zu lesen, wenn man weiss, dass der “Reisende” hier gar nicht war. Genauso ist seine Begegnung mit Rossini frei erfunden – viel­leicht hat er davon geträumt.
Auf der anderen Seite zeigt dies natür­lich die starke Fantasie des Autors, die man als Schriftsteller ja auch haben muss.
Ausserdem weicht er vom eigent­li­chen Thema oftmals zu stark ab und schil­dert seine Liebschaften (ob sie nun stimmen oder nicht), gesell­schaft­liche Situationen der dama­ligen Zeit, rauschende Bälle und Feste, Kritik an der Politik – alles ganz lustig, aber auch ins Schmalzige abgleitend.
Eine Karte mit der Route zu erstellen war nicht einfach, da man ja die freien Erfindungen des Herrn Stendhal weglassen muss.
Wenn man bei der rich­tigen Route bleibt, erkennt man trotzdem auf der Rückreise an der ober­ita­lie­ni­schen Ostküste eine starke Zick-Zack-Linie.
Dieses weist auch auf den Inhalt des Werkes hin, wo der Autor immer wieder auf die Liebschaften aus den Logen von Theater eingeht und daran fest­hält. Ein ziem­li­ches Rauf und Runter.
Eines ist der Nachwelt dennoch geblieben, nämlich das soge­nannte “Stendhal-​Syndrom”. Hierbei handelt es sich um einen panik­at­ta­cken­ar­tigen Zustand, der durch eine Reizüberflutung entsteht, nämlich als Stendhal in Florenz fast in Ohnmacht gefallen wäre, als er die Kunstschätze dort sah.
Dies kann ich nach­voll­ziehen, aller­dings dahin­ge­hend, dass ich bei meinem Florenzbesuch 2014 fast in Ohnmacht gefallen wäre, als ich die Preise dort sah.

H.Heine
* Heinrich Heine (Reiseroute)

Reiseroute Heinrich Heine

hin/​her :
MÜNCHEN – Innsbruck – Trient – VERONA – Brescia – MAILAND – Marengo – GENUA – Livorno (Toskana) – Lucca – FLORENZ


Literatur :
“Reisebilder”
(Schünemann-​Verlag Bremen 1981, 847 Seiten, ISBN-​10 : 3735000908)


Kommentar :
Heines “Italienreise” ist ein Teil seiner Reisebilder.
Das zu bespre­chende Werk umfasst alle Teile von Heines Reisebildern, wobei  sogar einzelnen Gedichte erscheinen.
Es ist mit herkömm­li­chen Reisebüchern nicht vergleichbar, bei denen der Autor sich mit den jewei­ligen Orten beschäf­tigt, schweift Heine bei seinen Schilderungen oft  ab, wobei man  Schwierigkeiten hat, noch einen Zusammenhang zum eigent­li­chen Thema zu knüpfen.
Er geht mehr auf die dama­lige Zeit und die dama­ligen gesell­schaft­li­chen Schichten ein, was sich auf nicht enden wollenden Seitenzahlen hinauszieht.
Seitenlang lässt er sich über Literaturkritiker, Zensoren, Juristen etc. aus.
Die Erlebnisse seiner Reise kommen nur leicht an die Oberfläche, dass man es gar nicht merkt, wenn man in seinen unend­li­chen Wort-​Schwallungen versunken ist.
Mir ist immer noch nicht klar, ob er die Route auch retour gereist ist – ausserdem war es nicht einfach über­haupt eine Route zu skiz­zieren ohne ander­wei­tige Informationsquellen heran­ziehen zu müssen.
Ich muss ehrlich zugeben, dass ich mich noch nie für Heinrich Heine habe begeis­tern können, nur wer unter dem Aspekt an das Buch heran­geht, hier ein Italienbuch zu finden, wie bei den anderen hier erwähnten Autoren, wird enttäuscht, was ich dann auch war – ich habe es zwar gelesen, aber hätte es auch mir sparen können.

Fanny Lewald
* Fanny Lewald (Reiseroute)

Reiseroute Fanny Lewald
hin :
Schweiz – Vevey (CH) – Genfer See – Simplon Pass – Domodossola …
Stresa – Sesto Calende (Lago Maggiore) – MAILAND – Pavia – Vogheta -
Novi – GENUA
GENUA – Rivieradi Levante – Chiavari – Siestri – LaSpezia (Ligurien) – Sarzana – Carrara – Lucca – FLORENZ
FLORENZ – Arezzo – Lago Trasimeno – Perugia – Assisi – Spello ‑Spoleto – Terni (Umbria) – ROM
ROM – Albano – Terracinna – Fondi – Gaeta – Capua – NEAPEL
NEAPEL – Castellammare – Sorrent – Capri – Ischia
Seeweg Sizilien (hin): PALERMO

her :
Seeweg Sizilien (her):
PALERMO – Elba – Livorno – Pisa – FLORENZ (II.) – BOLOGNAVENEDIG – Schweiz – Innsbruck…

Literatur :
“Italienisches Bilderbuch”
( Rütten & Loening-​Verlag Berlin 1983, 486 Seiten)

Kommentar :
Es war ja zu der Zeit kein einfa­ches Unternehmen durch ganz Italien zu reisen. Aber als Frau war und ist dies ja schon fast unvorstellbar.
Das dieses geht, zeigt Fanny Lewald, eine Vorkämpferin der Frauenbewegung, vor deren Leistung man den Hut ziehen muss.
Diese Reiseerzählung ist zwar oft als typi­sche Bildungslektüre hinge­stellt worden, doch sie ist viel mehr.
Die Autorin berichtet nicht nur sehr infor­mativ über die Städte ihrer Reise, sondern sie geht auch auf  Themen ein, die oftmals wesent­lich mehr über die Menschen und deren Sitten zeigen.
Sie beschreibt in einem zeit­losen und frei­her­zigen Ton, was in vielen anderen Büchern über das Thema Italien zu kurz gekommen ist.
Volksleben, Karneval, Lotto, Bettler, Straßenleben in Metropolen (Genua).
Dies alles bringt ein Sittengemälde mit starkem Wahrheitsgehalt ans Tageslicht, wodurch es sich wirk­lich lohnt dieses Buch mehr­fach zu lesen.
Ein kurzer und knapper Anhang ist infor­mativ und rundet das Ganze ab.
Fanny Lewalds Buch (und auch ihr Reisemut) hebt sich von vielen anderen Autoren ab.


Ch.Dickens
* Charles Dickens (Reiseroute 1. Reise)

Reiseroute Charles Dickens (1.Reise)
hin :
PARIS – Lyon – Avignon – MARSEILLESeewegGENUA
GENUA – Seeweg – Nizza – Landweg – San Remo – Genua
GENUA – Piacenza – Parma – Modena – BOLOGNA – Ferrara – Verona – VENEDIG

her :
VENEDIGVerona (II.) – Mantua - Bozzolo – Cremona – Lodi – Mailand – Lago de Como – Lago Maggiore – Domodossola – Genfer See (Vevey) – Basel – Straßburg – PARIS


* Charles Dickens
(Reiseroute 2. Reise)

Reiseroute Charles Dickens (2.Reise)
hin :
PARIS – Lyon – Avignon – MARSEILLE - Seeweg – GENUA
GENUALandweg – LaSpezia – Carrara – Pisa – Livorno – Siena – Aquapendente – Viterbo – ROM
ROM – Albano – Terracina – Fondi – Itri – Capua – NEAPEL
NEAPELSeeweg : Procida/​Capri/​Ischia
NEAPELLandweg : Vesuv – Herculaneum – Pompeji
NEAPELLandweg : Torre del Greco – Castellammare – SORRENT
Seeweg : Neapel

her :
NEAPEL – Capua – Germano (Monte Cassino) – Valmontone – ROM (II.)
ROM – Frascati –
Tivoli – Terni (Umbria) – PERUGIA – Castiglione del Lago (Lago Trasimeno) – Arezzo – FLORENZ – GENUA
GENUA – Mailand – Comer See – St.Gotthard – Schweiz

Literatur :
“Italienische Reise” (Societäts-​Verlag Frankfurt 1968, 334 Seiten, ISBN : 3–7973-0378–5)

Kommentar :
Charles Dickens hatte leicht ausser­halb von Genua eine Villa gemietet, die er gegen eine Wohnung in der Altstadt von Genua tauschte.
Wie man oben sehen kann, besteht seine Italienreise aus zwei Reisen, weil der Autor zwischen­zeit­lich nach London zurück­kehrte, um die Herausgabe eines seiner Werke zu überwachen.
Dies allein zeigt schon, wie wichtig Dickens sein Werk war – dementspre­chend werden die Eindrücke von seinen Reisen auch sicher in seine kommenden Werke einge­flossen sein.
Die Reise in die Städte der Emilia Romagna unter­nimmt er mit einem Freund – es sind eher Besichtigungsreise, deren Beschreibung nüch­terner ausfallen.
Der Besuch von Venedig kommt ihm wie eine traum­hafte Vision vor, wie ein unir­di­sches Meerwunder – diesen Eindruck imagi­niert Dickens symbo­lisch mit den Ideen aus seinen eigenen Werke, demgemäß fällt auch die Beschreibung der Lagunenstadt in diesem Italienbuch aus – nämlich wie ein Traum. Desweiteren sieht der begeis­terte Dickens aber auch den Schmutz der Städte, die Probleme der dama­ligen Landwirtschaft und das qual­volle Arbeiten in den Steinbrüchen von Carrara.
Er nimmt an Festen klei­nerer Leute teil und ist somit “mitten­drin”, was gut für seinen Schreibstil ist.
Die Beschreibung der Aufenthalte ausser­halb von Italien (Frankreich, Schweiz) fallen natür­lich kürzer aus, trotzdem finden sie eine Platz in dem Buch. Die Bescheibung Genuas, welches als Wohnort Dickens eine Prioritätenstellung einnimmt, fällt umfang­rei­cher aus und ist bei einem geplanten Genuabesuch der heutigen Zeit sicher interessant.
Das Buch gehört nicht unbe­dingt zu den abso­luten Muss-​Bücher zu diesem Thema, aber ganz unter den Tisch fallen lassen, sollte man es auf keinen Fall. Es gibt zwar ein Nachwort, aber keinerlei Anhang mit erwei­terten Erläuterungen oder Ortsregister.
Einige wenige humor­volle Stiche ergänzen das lesens­werte Buch.


Gregorowius

* Ferdinand Gregorovius (Aufenthalte 1852–75)

Reiseroute Gregorovius

Die Abfolge ist nach der Reihenfolge der Einzelteile inner­halb des Werkes angeordnet.

RAVENNA (1863)                FLORENZ (1856)              Elba (1852)

ROM (1861–64)
– Rignano – Civita Castellana – Borghetto – Otricoli – Terni – Spoleto – Foligno – Spello – Perugia – Todi (Latium – Umbrien /​ 1861–64)

Lago di Bracciano (Latium /​ 1870)

ROM (1853)      Subiaco (1858)

CAMPAGNA (1858)
– Anagri – Alatri – Ferentino – Frosinone – Veroli
– Volskerberge (1860)
– Genazzano – Valmontone – Segni

ABRUZZEN (1871)
– L’Aquila – Popoli – Tagliacozzo
– Veroli – Casamari – Isola Sora – Arpino – Arce – Aquino – S.Germeno

LIRIS TAL (1859)

Küste LATIUM (1854)
– Latina – Nettuno – Anzio – Cap d. Circe

CAP d. CIRCE ( 1873)

CASERTA (Kampanien 1866)

NEAPEL (1853)
– Vesuv – Pompeji – Monta Somma
– Arcerra – Nola – Nocera

AMALFIKÜSTE (1853)
– Salerno – Vetri – Cetara – Majori – Minori – Atrani – Ravello
CAPRI (1853)

BENEVENTO (Kampanien /​ 1874–75)

LUCCERA (Apulien)
– Caserta – Benevent – Foggia

MANFREDONIA (Apulien /​ 1874)
– Monte Gargano (1874)
ANDRIA  (Apulien /​ 1874–75)
– Ruvo – Bisceglie – Corvato
CASTEL del MONTE (Apulien /​ 1875)
LECCE (1875)
TARANTO (Tarent – Apulien /​ 1874–75)

PALERMO (Sicilia /​ 1854)
– Monreale – Segesta- Castel Vetrano
AGRIGENT (1855)
– Segesta – Selinunte – Mont Eryx (1886)
SYRAKUS (1855)

Literatur :
“Wanderjahre in Italien” (C.H.Beck 1997, 886 Seiten, ISBN : 3–406-4203–7)

Kommentar :
Das fast 900seitige Werk ist eine Pflichtlektüre aller Italienliebhaber.
Dieses klas­si­sche Italienbuch hat bis heute nichts von seiner Frische eingebüßt.
Stets geht der Autor vom persön­li­chen Erleben einer Landschaft und ihrer Menschen aus und läßt alles somit aufs eindring­lichste lebendig werden.
Gregorowius ist ein unge­heurer Kenner der italie­ni­schen Geschichte.
Sein persön­li­ches Aufsuchen von Orten und Stätten läßt seine Erlebnisse dort mit deren Geschichte verschmelzen.
Oftmals lesen sich die Beschreibungen von Orten und Baudenkmäler wie ein Geschichtsbuch. Seine Kenntnisse sind fundiert – zu der Insel Elba z.B. beschreibt der Autor Napoleons Verbannung nach Elba.
Man kann das Werk nicht kate­go­ri­sieren und es passt als solches eigent­lich nicht in die Liste der Routen durch Italien, weil Gregorovius sich häufiger, auch an einem  Stück, in Italien aufhielt.
Durch seinen ausge­dehnten Schreibstil läßt der Autor tote und lebende Bilder vor dem Auge des Lesers spielen.
Gregorovius reist mit offenen Augen (nicht immer zu Fuß) und kommen­tiert das Geschehen seiner Zeit – die 32 Artikel zeigen die Bandbreite und den Horizont des Dargestellten.
Alles wird durch 27 Illustrationen aufgelockert.
Ein Mammutwerk, was nur denen empfohlen ist, die sich tiefer­grei­fend nicht nur mit dem Ort, sondern auch dessen Geschichte ausein­an­der­setzen wollen.

Taine* Hippolyte Taine (Reiseroute)

Reiseroute Hippolyte Taine
hin :
Marseille – Seeweg hin – Civitavecchia (von Karte oben abwei­chend) -
ROM – Pozzuoli – NEAPEL (Landweg Küste) – Castellammare – SORRENT – Pompeji /​ Herkulaneum – Neapel

her :
NEAPEL – Capua – ROM (Landweg)
ROM – Albano – Ariccia – Genzano – ROM
ROM – Narni (Umbrien) – PERUGIA
- Assisi – Perugia – Chiusi – SIENA – Pisa – FLORENZ – Pistoia – BOLOGNA – Ravenna – VENEDIG – Verona – Mailand – Monza – Como (Lago di Como) – Varese – Laveno – Lago Maggiore – Simplon-​Pass (Alpen)

Literatur :
“Reise in Italien” (Düsseldorf, Diederichs-​Verlag, 1967, 28 Abb. nach zeit­ge­nös­si­schen Stahlstichen. 375 S.)

Kommentar :
Taine ist ein fran­zö­si­scher Philosph, Historiker und Kritiker an verschie­denen fran­zö­si­schen Zeitschriften und vor allem Kunstliebhaber – dies alleine zeigt die Bandbreite des Autors. Das Werk reiht sich in die klas­si­schen italie­ni­schen Reiseschilderungen der dama­ligen Zeit ein, als man noch gemäch­lich zu reisen verstand und sich somit dem Erlebten gesam­melt hingab.  Die Briefform der einzelnen Kapitel weisen eine Frische auf, was zeigt, dass der Autor alles noch unter dem Eindruck stehend, fest­ge­halten hat (Kunst – Landschaft – Menschen).
Mehrfach zeigt sich bei kultur­his­to­ri­schen Schilderungen der Historiker.
Das 370 Seiten Werk ist in einem durch zu lesen wie ein Roman und man kann, ähnlich wie bei Fanny Lewald, die Reise gut nachvollziehen.
Die von mir empfoh­lenen Ausgabe ist leicht gestrafft, da man der Meinung war, dass Taine sich bei gewissen Themen (z.B. Besuche von Museen) zu stark ausge­lassen habe.
Da kann man natür­lich geteilter Meinnung sein – es wäre sicher nicht unin­ter­es­sant, die gesamten Beschreibungen vor sich zu haben, wenn es dem Leser zu umfang­reich erscheint, kann er es ja über­springen – eine derar­tige Beschneidung des Werkes ist nicht sinn­voll. Trotzdem ist das Buch mit seinen 28 Abbildungen, auch wenn es keinen Anhang besitzt, flie­send inter­es­sant geschrieben und man sollte es bei einer größeren Anzahl von Italienliteratur (der dama­ligen Zeit) nicht hinten­an­stehen lassen.

.

(Italienreisende)

(Sonstiges)


Impressum