Bewegte und antwortende Chöre

Die Bedeutung des Chores in den Werken Richard Wagners anhand choraler Scenen des “Tannhäusers” und deren Realisierung im Festsaal der Wartburg bei Eisenach

Teil 3

(D.) Chorale Stellen im “Tannhäuser” mit der Realisierung vor Ort

Der Festsaal der Wartburg bei Eisenach zeigt nicht nur eine hervor­ra­gende Akustik, sondern auch gute Platzierungsmöglichkeiten.
Ohne auf nähere Details einzu­gehen, bringt die trapez­förmig ange­legte Decke des Saales ein über­ra­schendes Klangerlebnis – der Klang des im vorderen Bereich plat­zierten Orchesters scheint in die Höhe zu steigen und verteilt sich nach hinten über die Köpfe der “Zuschauer” hinweg.

“Dich teure Halle grüß ich wieder…”

Dieses Phänomen fällt einem geübten Hörer am besten auf, wenn er das erste Mal dieses erlebt.
Hierbei ist auch die Platzwahl zu beachten.
Platzierungstechnisch gibt es die Möglichkeit den Chor außer­halb der Scene (z.B. im Foyer) zu loka­li­sieren, was für den Rezipienten eine Erweiterung der Vision zur Folge hat.
Genauso ist ein Aufstellen auf dem seit­lich des Saales verlau­fenden Balkons möglich, was das Stimmvolumen des Chores über die Köpfe hinweg führt.
Letztendlich schreitet der im “Tannhäuser” oftmals sich bewe­gende Chor von hinten durch das Spalier in den Saal, was die Implikation in das Werk immens steigert. 

Bewegte und antwor­tende Chöre weiterlesen

Bewegte und antwortende Chöre

Die Bedeutung des Chores in den Werken Richard Wagners mit einem Vergleich der Chöre Vincenzo Bellinis 

Teil 2

(B.) Bedeutung des Chores in den Werken Richard Wagners

Richard Wagner nahm erst Abstand vom klas­si­schen Chor als Integrations-​Element in seinen Werken.
In seiner umfang­rei­chen Schrift “Oper und Drama” erteilt er dem Chor in der Oper eine Absage.
Dies sollte aber nicht so bleiben, denn rück­bli­ckend kann man sagen, dass in (fast) jedem Werk chorale Stellen sind, und zwar sehr geschickt plat­zierte, und wohl-​dimensionierte und demgemäß sehr wirkungs­volle.
Der Chor wird hierbei von Wagner oftmals als einzelne Singstimme verwendet, das heißt, dass der Chor nicht einzeln steht, sondern direkt in die Handlung inte­griert ist (wie ein weiterer Statist).
Da die Komposition bei Wagner immer einen Bezug zum Handelnden auf der Bühne hat, hat der Chor eine weit bedeu­ten­dere Rolle in der Handlung, als norma­ler­weise ein Chor allein stehend hat.

Bei der Zuschauer-​Werk-​Fusion in Wagners Idealbild, hebt sich der Zuschauer auf und begibt sich in eine Rolle, nämlich die Rolle des “mitwis­senden Statisten”.

Der Zuschauer in der Masse ist schnell im Chor zu erkennen, da die Zuschauer ja (meis­tens) eine größere Anzahl von Personen sind und der Chor auch, und somit lässt sich das Stimm-​Volumen stei­gern.
In einzelnen sehr umfang­rei­chen Werken, wie zum Beispiel im “Ring des Nibelungen” gibt es komi­scher­weise nur eine chorale Stelle, nämlich den Chor der “Gibichungen-​Mannen” in der “Götterdämmerung” im 2. Act.
Im “Ungetüm” der Frühwerke “Rienzi, der letzte der Tribunen” steht der “Chor der Friedensboten” isoliert als eine der sehr wenigen Chorstellen in diesem 5 Stunden Werk.
Anders sieht das im “Lohengrin” aus, mit dem Wagner seinen ange­strebten Kompositionsstil erreicht hatte.

Bewegte und antwor­tende Chöre weiterlesen

Bewegte und antwortende Chöre

Die Bedeutung des Chores in den Werken Richard Wagners und der grie­chi­schen Tragödie anhand von exem­pla­ri­schen Beispielen

Teil 1

Vorwort

Der Chor an sich war schon immer ein wirkungs­volles “Instrument” für Einleitungen, Überbrückungen, Interludes in einem kompo­si­to­ri­schen Werk.
Aber nicht nur Komponisten haben sich über dieses Symptom Gedanken gemacht, neben Philosophen gibt es auch Schriftsteller, für die das Symptom des Chores von Interesse war/​ist.
Neben Fr. Schiller, allen voran natür­lich Fr. Nietzsche, der in einem seiner frühen Werke den Chor sogar als Auslöser der grie­chi­schen Tragödie hinstellt.
Wenn man sich nun dem Werk Wagners nähert, wird man als Uneingeweihter nicht annehmen, welche immense Rolle die Chöre im Gesamtkunstwerk Wagners haben.
Hierbei geht es neben den mensch­li­chen Stimmen und Stimmvolumen schon um einen Teil der Gesamtkomposition und der Choreografie durch die geschickte Platzierung, Bewegung und Dichte.
Hier sei neben soviel Theorie die Praxis anhand der alljähr­lich statt­fin­denden halb-​szenischen Inszenierung von Wagners Tannhäuser” im Festsaal der Wartburg bei Eisenach als exem­pla­ri­sches Beispiel zu betrachten.
Denn diese Inszenierung bringt neben der hervor­ra­genden Akustik, vieles, was eine normale Opernaufführung nicht erreicht und errei­chen kann. Daher wird diese von mir als Musterbeispiel in Teil 3 verwendet.

Bewegte und antwor­tende Chöre weiterlesen

Drachenschlucht bei Eisenach

Wandrer schreite ruhig und still,
weil der Drachen nicht geweckt sein will!”

Wer hat sich als Kind nicht für Drachen, Hexen, Geister und Ungeheuer inter­es­siert, der stehe jetzt auf (?).
Es bleiben alle sitzen, was zeigt, dass die Jugend in jedem Menschen noch lange Jahre später schlum­mert.
Ich habe mich eher für Burgen begeis­tert, aber da kann es ja auch Geister geben. 

Aber nicht jeder, der nicht aufge­standen ist, weiß, dass es doch noch Orte gibt, an denen Drachen leben oder gelebt haben – sie dürfen aller­dings nicht geweckt werden.

Drachenschlucht bei Eisenach weiterlesen

Villa Wagner – Biebrich a. Rhein (Mai 2019)

Die Erleuchtung von Biebrich”

Gibt es über­haupt noch Punkte auf der Wagner-​Europakarte, wo ich noch nicht war ?
Ja, es gibt sie, denn kaum einer schafft es an alle Stätten zu kommen, wo Richard Wagner geschaffen und gelebt hat, seine Ideen hatte oder vorge­geben hat, diese gehabt zu haben. 

Und so ein (jetzt geschlos­sener) Punkt ist die…

Villa Wagner – Biebrich a. Rhein (Mai 2019) weiterlesen